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Tausende Isländerinnen demonstrierten letzten Herbst in Reykjavik für gleiche Löhne. © RGV

Arbeitgeber müssen Lohngleichheit beweisen

fs /  Weltweit zum ersten Mal zwingt ein Staat die Arbeitgeber, gleiche Arbeit gleich zu entlöhnen. Die Lohnkluft zwischen Frauen und Männern soll damit verschwinden.

In Island will die Regierung alle privaten und staatlichen Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten gesetzlich verpflichten zu beweisen, dass sie gleiche Löhne für gleiche und gleichwertige Arbeit zahlen. Zu diesem Zweck müssen sie die betriebsinterne Lohnstruktur zertifizieren lassen. Das staatliche Zertifikat stellt fest, wie gross die Lohndifferenz ist, die sich nicht mit Kriterien wie Ausbildung, Erfahrung und Verantwortung erklären lässt. Das Ergebnis wird veröffentlicht.

Recht auf Ausgleichszahlung
Wenn die unerklärliche Lohndifferenz grösser als fünf Prozent ist, muss das Unternehmen die Betroffenen und die Gewerkschaften informieren. Die Beschäftigten können vom Arbeitgeber eine Ausgleichszahlung einfordern. Gleichstellungsminister Thorsteinn Viglundsson sagte gegenüber dem britischen Portal «iNews», er gehe davon aus, dass die meisten Unternehmen Lohndifferenzen vor der Zertifizierung beseitigen werden. Er begründet dies mit dem Verhalten von Unternehmen, die sich bisher freiwillig zertifizieren liessen.

«Es ist Zeit, etwas Radikales zu tun»
In Island ist die Lohngleichheit schon seit einigen Jahren gesetzlich vorgeschrieben. Vor drei Jahren verschärfte die Regierung das Gesetz. Unternehmen müssen seither jederzeit belegen können, dass sie für gleiche Arbeit gleiche Löhne zahlen. Nun zwingt der Staat sie zur Zertifizierung. Thorsteinn Viglundsson begründet die Verschärfung damit, dass die Arbeitgeber in der Vergangenheit zu wenig getan haben, um die Lohnkluft von durchschnittlich 15 Prozent zu schliessen. Viglundsson: «Es ist Zeit, etwas Radikales zu tun.» Der Staat müsse die Gleichstellung am Arbeitsplatz durchsetzen: «Es ist unsere Verantwortung, jedes Mittel zu ergreifen, um dies zu erreichen.» Die Zustimmung des Parlamentes gilt als sicher, da die Opposition das Vorhaben unterstützt. Das Gesetz soll 2018 in Kraft treten und die Lohnkluft bis 2022 schliessen.

Widerstand der Arbeitgeber
Gesetze für Lohngleichheit und Lohntransparenz stossen überall auf grossen Widerstand der Arbeitgeber. Zwei aktuelle Beispiele:
In Deutschland soll das von der Bundesregierung vorgeschlagene «Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen» in Betrieben ab 200 Mitarbeitenden eine Lohntransparenz schaffen. Beschäftigte können Durchschnittslöhne des anderen Geschlechtes erfragen und dann allenfalls Klage erheben. Diesen Auskunftsanspruch lehnen die Arbeitgeber ab. Er sei wirtschaftlich schädlich.
In der Schweiz verbietet das Gesetz seit über zwanzig Jahren diskriminierende Löhne. Wegen der Lohnintransparenz ist die Beweislage jedoch schwierig und die meisten Lohnklagen enden vorzeitig mit einem Vergleich. Nun will die Regierung Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden verpflichten, alle vier Jahre zu überprüfen, ob ihre Löhne Frauen diskriminieren. Die Chancen, dass das Parlament selbst diesem äusserst moderaten Vorschlag zustimmt, gelten wegen des grossen Widerstandes der Arbeitgeber als klein.


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