Gebetsraum-1

In der Pariser Moschee müssen Frauen im Untergeschoss beten © Les Femmes dans la mosquée

Geschlechterkrieg in der Pariser Moschee

fs /  Im Hauptgebetsraum der Grossen Moschee in Paris sollen nur noch Männer beten dürfen. Das wollen die Frauen nicht hinnehmen.

In Paris akzeptieren Musliminnen nicht, dass sie neu in einem fensterlosen Raum im Untergeschoss der Grossen Moschee beten sollen. Sie wollen wie bisher im Hauptgebetsraum beten. Als sie Ende letzten Jahres diesen betreten wollten, kam es zu Handgreiflichkeiten. Mittlerweile drohen beide Parteien mit Gerichtsklagen. Der «Figaro» spricht von einem Geschlechterkrieg (Guerre des sexes).
Moschee-Rektor Dalil Boubakeur hatte die Frauen letzten Herbst ins Untergeschoss der Grande Mosquée verbannt. Der Andrang der Männer in den Hauptgebetsraum sei zu gross geworden. Dort beteten die Frauen hinter einem Vorhang, der sie von den Männern trennte. Der «Komfort» für die betenden Frauen sei im neuen Raum grösser, sagte Dalil Boubakeur im «Figaro». Die meisten seien damit zufrieden. Der Moschee-Rektor wirft den rebellierenden Musliminnen «politische Agitation und Propaganda» vor.
Die betroffenen Musliminnen sprechen von «Willkür». Sie verlangten schriftlich, wieder im Hauptgebetsraum beten zu dürfen. Weil sie keine Antwort erhielten, beschlossen sie, wieder im Hauptgebetsraum zu beten. Sie wurden jedoch auf handfeste Weise zurückgehalten, obwohl der Raum halbleer war. Es gab auf beiden Seiten leicht Verletzte.
Petition gegen «Unsichtbarmachung der Frauen»
Das Kollektiv «Les Femmes dans la mosquée» will nun wegen Körperverletzung und Diskriminierung klagen. Zudem lancierte es auf der Plattform change.org eine Petition gegen die «Unsichtbarmachung der Frauen in den Kultusräumen». Diese verlangt, dass die muslimischen Autoritäten in Frankreich Stellung nehmen zum Platz, den die Frauen in der muslimischen Gemeinschaft haben. Ihre Unsichtbarmachung in den Kultusräumen sei symptomatisch für das schwierige Verhältnis zwischen Männern und Frauen. Laut dem Propheten seien Frauen Akteurinnen in der sozialen und religiösen Gemeinschaft der Musliminnen und Muslime. Wer sie unsichtbar mache, spreche ihnen dieses Recht ab.
Auf der Webseite der Grossen Moschee wurde der «Aufstand» in scharfen Worten kritisiert und den «sechs bis sieben Aktivistinnen», die niemand der übrigen Gläubigen kenne, mit einer Gerichtsklage gedroht. Laut Hosni Maati, Anwalt der Musliminnen, engagieren diese sich täglich gegen die Islamfeindlichkeit in Frankreich. Es sei deshalb für sie schockierend, dass die Grosse Moschee, die als moderat und offen galt, sie unter einem Vorwand verbanne. Ndella Paye, eine Vertreterin des Kollektivs, setzt sich gegen das Kopftuchtverbot an den öffentlichen Schulen in Frankreich ein. Der Konflikt mit der Moschee sei «traumatisierend», sagte die 38-jährige im «Figaro»: «Wir sollten gelassen an einem Tisch diskutieren. Es geht ja nicht um das Haus der Männer, sondern um das Haus Gottes.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581