konib

Den Nikab (rechts) darf ein Arbeitgeber verbieten, das islamische Kopftuch Hijab (links) nicht. © PP

Privater Arbeitgeber darf Nikab verbieten

fs /  Ein Nikab-Verbot am Arbeitsplatz ist zulässig. Ein Arbeitgeber darf Angestellte aber nicht generell wegen religiöser Kleidung benachteiligen.

Dies hat der Oberste Gerichtshof in Österreich entschieden. Das Höchstgericht hatte den Fall einer zum Islam konvertierten Notariatsangestellten zu beurteilen. Diese hatte während der Arbeit ein Kopftuch und einen langen Übermantel (Abaya) getragen. Als sie einen Nikab (Ganzkörperverhüllung mit Sehschlitz) tragen wollte, kündigte ihr der Arbeitgeber.

Klage wegen Diskriminierung
Die Angestellte ging wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz vor Gericht und forderte 7000 Euro (7500 Franken) Schadenersatz. Gegenstand ihrer Klage waren das Nikab-Verbot und Schikanen wegen ihres religiösen Kleidungsstils. Sie sei bereits vor der Kündigung bei der Zuteilung von Arbeitsaufgaben benachteiligt worden. Ihr Chef habe auch «diskriminierende Bemerkungen» gemacht und ihr beispielsweise «Vermummung» vorgeworfen.

Religion nicht Kündigungsgrund
Der Arbeitgeber begründete die Kündigung damit, dass der Nikab nicht mit der Tätigkeit in einem Notariat vereinbar sei. Die Kanzlei verlange von allen Mitarbeitenden ein «dezentes Erscheinungsbild». Die verlangte «optische Neutralität» gelte für Angestellte aller Religionen. Die Kündigung sei also nicht wegen der Religion erfolgt, sondern wegen eines bestimmten Kleidungsstils.

Unverhülltes Gesicht ist Grundregel
Die Vorinstanzen waren sich nicht einig. Der Oberste Gerichtshof urteilte nun, dass die Kündigung wegen des Nikabs keine Diskriminierung ist. In Österreich gebe es zwar kein Nikab-Verbot, aber «zu den unbestrittenen Grundregeln zwischenmenschlicher Kommunikation» gehöre es, das Gesicht unverhüllt zu lassen. Deshalb dürfe ein Arbeitgeber den Nikab verbieten, wenn Angestellte beruflich mit Kunden oder Klienten Kontakt habe. Im konkreten Fall hindere der Nikab die Notariatsangestellte daran, am Arbeitsplatz ihre arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung zu erbringen, «weil er die notwendige Kommunikation und Interaktion der Klägerin mit Parteien, Klienten, Mitarbeitern sowie mit dem Beklagten selbst beeinträchtigt und erschwert». Ein unverhülltes Gesicht sei deshalb für die berufliche Tätigkeit der Klägerin als Notariatsangestellte «eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung».

Ein Kopftuch hingegen stört laut dem Höchstgericht am Arbeitsplatz nicht. Es verurteilte deshalb den Arbeitgeber zu einer Schadenersatzzahlung von 1200 Euro (1300 Franken). Er habe vor der Kündigung die Angestellte «bei der Zuweisung von Aufgaben» diskriminiert, weil sie Kopftuch und Übermantel trug.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581