Wenig kreatives Quotenbashing eines Kreativchefs

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Barbara Marti /  Mehr Frauen in Chefetagen: Wenn sich ein PR-Mann zu Quoten für Frauen äussert, bleibt das Niveau der Argumentation tief.

Dennis Lück, «Chief Creative Officer» der PR-Agentur JUNGvMATT, durfte in der «NZZ am Sonntag» einen Gast-Kommentar zu einem Thema schreiben, von dem er offensichtlich nicht viel Ahnung hat: Frauenquoten für die Führungsetagen von Unternehmen. Frauenquoten disqualifiziert er pauschal als «frauenfeindlich», «sexistisch», «lächerlich» und «hilflos». Für eine bessere Durchmischung der Geschlechter in Führungsetagen gebe es viel bessere Alternativen, spielte er sich auf.
Nur: Kreativ sind die Vorschläge des Kreativchefs mitnichten. Es ist längst Bekanntes, das sich in der Schweiz bisher – unter anderem mangels Quoten – nicht durchsetzen liess:

  • Echte Lohngleichheit.
    Eine solche schreiben Gleichstellungsgesetz und Bundesverfassung seit Jahrzehnten vor. Doch die Arbeitgebenden sträuben sich dagegen ebenso wie gegen Frauenquoten. Das Parlament schaffte es bisher nicht einmal, griffige Lohntransparenz vorzuschreiben. Diese wäre eine wichtige Voraussetzung, damit Betroffene Diskriminierungen erkennen und beweisen können.
  • Bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten und ein Vaterschaftsurlaub.
    Auf ein breites günstiges Angebot an Kinderkrippen und Tagesschulen warten Frauen in der Schweiz schon lange. Die hängige Volksinitiative für einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub lehnt der Bundesrat ab. Eine Parlamentskommission schlägt lediglich zwei Wochen vor.
  • Eine bessere Datenlage über die Gründe, weshalb so wenig Frauen in die Chefetagen gelangen.
    Daten liegen mehr als genug vor. Man weiss seit langem, wann und weshalb die Karrieren von Frauen stocken.

Schliesslich schlägt Lück eine weitere «Alternative» vor: Männer sollen ihre Netzwerke öffnen. Denn es sei schwierig für Frauen, in den «Zigarrenzirkel» vorzustossen. Genau dieses Anliegen aber wird am effizientesten mit Quoten erreicht. Ohne vorübergehenden Zwang öffnen die Männer diese Türen nicht. Das haben die letzten Jahrzehnte gezeigt.

Genau darum geht es bei den Quoten: Sie sind Türöffner für Frauen, um in diese von Männern dominierten Netzwerke vorzustossen. Des «Kreativchefs» Alternativen für eine bessere Vertretung von Frauen in Chefetagen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten als wenig realistisch erwiesen.
Einen wirklich kreativen Alternativvorschlag zu Frauenquoten hat bisher niemand gemacht, auch Dennis Lück nicht. Seine Disqualifizierung von Quoten für Spitzenposten als «frauenfeindlich», «sexistisch», «lächerlich» und «hilflos» ist eine alt bewährte Taktik, um Forderungen von Frauen abzuservieren.


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