Zahnarzt verurteilt: Ihn störte das Kopftuch
Die junge Frau hatte sich bei einem Berliner Zahnarzt um eine Lehrstelle als Zahnarzthelferin beworben. Der Zahnarzt zeigte sich sehr interessiert. Er verlangte jedoch, dass die Auszubildende bei der Arbeit auf ihr Kopftuch verzichtet. Dazu war die junge Frau nicht bereit und die Stelle blieb unbesetzt.
Das sei Diskriminierung, hat das Berliner Arbeitsgericht in einem Urteil entschieden, das letzten Herbst öffentlich geworden ist. Damit hat erstmals ein Gericht über das Kopftuch in der Privatwirtschaft geurteilt, seit das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) im Jahr 2006 in Kraft getreten ist.
Die Muslimin reichte mit Hilfe des Türkischen Bundes Berlin Klage ein. Das Berliner Arbeitsgericht begründete sein Urteil mit dem Gleichstellungsgesetz. Danach dürfen private Arbeitgeber bei der Einstellung und Beförderung keine Unterschiede aufgrund der Religion machen. Das Tragen des Kopftuchs ist laut dem Gericht «ein Akt der Religionsausübung» – und der einzige Grund, weshalb der Zahnarzt die junge Muslimin nicht anstellte. Ein Kopftuch lasse sich mit der Kleiderordnung in der Zahnarzt-Praxis vereinbaren. Auch aus hygienischen Gründen sei ein Kopftuch gegenüber offenen Haaren kein Nachteil.
Der Zahnarzt hat gegen das Urteil keine Berufung eingelegt. Es ist deshalb rechtskräftig. Er muss der Klägerin als Entschädigung drei Monatsgehälter in der Höhe von insgesamt rund 1500 Euro (1800 Franken) zahlen. Der Türkische Bund Berlin hofft, dass das Urteil Menschen ermutigt, sich gegen Diskriminierung zur Wehr zu setzen. Von einem «Urteil mit Signalwirkung», sprach Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. In der Privatwirtschaft dürfe niemand wegen eines Kopftuchs einen Nachteil erleiden.
Bereits vor zehn Jahren hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine Kaufhausverkäuferin nicht allein wegen ihres Kopftuchs gekündigt werden darf. Es müsse zumindest zu Umsatzeinbussen oder anderen konkreten Nachteilen für den Arbeitgeber kommen.
—
Urteil des Arbeitsgerichts Berlin
—
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine