Luxushotels dulden Hungerlöhne für Zimmermädchen
Massiv unterbezahlt, ausgebeutet, gedemütigt und eingeschüchtert: So verrichten meist ausländische Zimmermädchen die Drecksarbeit in Luxushotels wie Kempinski und Waldorf Astoria. Eine Undercover-Reportage von RTL mit versteckter Kamera unter Leitung von Günter Wallraff hat es in drastischer Art aufgedeckt. Um die drei Euro (vier Franken) bekommen die Frauen pro Zimmer, für das sie in schlechten Fällen eine Stunde brauchen, um es sauber zu machen. Oft kommt das Geld aber auch gar nicht. Die Hotels selbst machen sich die Finger nicht schmutzig. Sie beschäftigen Subunternehmen.
Die Hälfte des Mindestlohns
Offiziell sind die Zimmermädchen oft wie vorgeschrieben zum Mindeststundenlohn von 9 Euro angestellt. Doch gleichzeitig müssen sie einen anderen Vertrag unterschreiben, der sie verpflichtet, in einer Stunde mindestens zwei oder drei Zimmer zu reinigen. Schaffen sie dies nicht – und niemand konnte dies schaffen – arbeiten sie einfach mehrere Stunden unbezahlte Überzeit. Der reale Lohn betrug in allen beobachteten Fällen rund die Hälfte des Mindestlohns. Beim geringsten «Fehler» – zum Beispiel ein Putzlappen am falschen Ort abgelegt – gab es «ein Zimmer Abzug» oder «20 Euro Abzug», willkürlich entschieden von einer Chefin.
Ein Anwalt für Arbeitsrecht, der sonst eher Arbeit-geber vertritt, stellte in der Sendung gleich mehrere krass rechtswidrige Vorgehen fest. Doch die Zimmermädchen, die meistens schlecht deutsch sprechen und auf jeden Euro angewiesen sind, können sich nicht wehren.
Zum schmutzigen Geschäft mit der Sauberkeit wollten sich die betroffenen Berliner Luxushotels Kempinski und Waldorf Astoria, das zur Hilton-Kette gehört, nicht konkret äussern, vor der Kamera schon gar nicht. Verantwortlich für das Putzpersonal seien Drittfirmen, die das Einhalten aller gesetzlichen Normen garantiert hätten, liessen sie RTL mitteilen. «Outsourcen» bedeutet «was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss». In den recherchierten Fällen haben die Reinigungsfirmen die Arbeiten zum Teil wiederum an Subfirmen weiter gereicht. Die ganze Kette verdient an den Zimmermädchen mit, nur diese selbst werden als Menschen dritter Klasse in schlimmster Manier ausgebeutet.
Wallraff hofft auf ein Durchgreifen
Günter Wallraff hofft, dass die Reportage die Verantwortlichen zum Handeln bringt: «Diese aufrüttelnde Langzeit-Reportage wird ganz sicher nicht ohne Folgen bleiben, denn hier werden Verantwortliche und Profiteure beim Namen genannt. Die Politik darf die Augen vor dieser Form der Entrechtung von wehrlosen Arbeitskräften nicht weiter verschliessen. Es müssen strenge Kontrollen durchgeführt werden, dazu müssen die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine