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Sahar Fetrat wollte in Budapest Gender-Studies studieren. © SF

Patriarchat: Von Kabul bis Budapest

fs /  Eine Studentin aus Afghanistan wollte in Ungarn Gender-Studies studieren. Sie musste feststellen, dass Frauen auch in Europa zum Schweigen gebracht werden.

Ungarn hat Geschlechterforschung an ungarischen Universitäten kürzlich verboten. Sie gefährde die «Fundamente der christlichen Familie», hiess es zur Begründung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seien «Genderologen», die niemand brauche, sagte Vize-Regierungschef Zsolt Semyen.

Von Afghanistan nach Ungarn
Die junge afghanische Studentin und Feministin Sahar Fetrat wollte in Budapest ihren Master in Gender Studies machen. «Gender Studies zu studieren ist für mich extrem wichtig, da es in Afghanistan in diesem Forschungsgebiet riesige Lücken gibt», schreibt Fetrat in einem Beitrag für das Portal des Nachrichtensenders «Euronews». Die heute 21-Jährige kam in Afghanistan zur Welt und lebte zuletzt als Flüchtling in verschiedenen Ländern.

«Patriarchat ist am Leben»
Es sei für sie nicht einfach gewesen, nach Ungarn zu kommen. Kurz nachdem sie im August das Visum endlich bekommen hatte, habe sie erfahren, dass Ungarn das Fach verbieten wolle. «Das Verbot der Gender-Studies zeigt, dass das Patriarchat in der ersten wie in der dritten Welt sichtbar ist und geschützt wird. Dafür gibt es keine Rechtfertigung. Das Verbot ist ein politischer Akt, der dem Machterhalt dient und die Rechte anderer beschneidet, damit diese ihr Potential nicht voll ausschöpfen können.» In Kabul gebe es seit 2015 einen Master-Kurs in Gender-Studies, der ebenfalls gefährdet sei. Die Vorbehalte seien in Kabul und in Budapest dieselben: «Es ist die Angst, dass viele zuvor Unsichtbare, sichtbar, beachtet und gehört werden.»

Frauen zum Schweigen bringen
Das Verbot der Gender-Studies sei nicht nur eine Attacke auf die Demokratie in Ungarn, sondern auch ein warnender Weckruf. «Heute verbietet man Gender-Studies, morgen werden Frauen mit anderen Mitteln zum Schweigen gebracht und unterdrückt.» Das Verbot durch eine Regierung zeige, wie wichtig Gender-Studies und der Ausbau dieses Forschungsgebietes ist. «Gender-Studies ist nur für diejenigen eine Pseudowissenschaft, die privilegiert sind und nicht anerkennen wollen, dass andere Menschen auch Rechte haben.»

«Ich glaube an die Macht der Frau»
Sahar Fetrat war vor vier Jahren das erste Mädchen, das in ihrem Stadtviertel in Kabul Fahrrad fuhr. Eine prägende Erfahrung: «Als ich anfangs in Kabul Fahrrad fahren lernte, mobbten mich die Leute. Aber heute fahren Mädchen selbstbewusst Fahrrad. Darin steckt viel Hoffnung. Ich fühle darin eine Stärke. Ich glaube an die Macht der Frau. Die Zukunft wird für junge Frauen besser werden.» Sahar Fetrat engagiert sich mit dokumentarischen Videofilmen für Frauenrechte in Afghanistan. Sie kritisiert den westlichen «Retter-Blick» auf afghanische Frauen. Dieser sehe Frauen nur als Opfer, die gerettet werden müssen. «Die Leute sagen immer, unser grösstes Problem sei die Unterdrückung durch die Burka. Aber das Problem afghanischer Frauen ist nicht die Burka. Unsere Freiheit wird nicht durch die Länge unserer Röcke definiert. Die Herausforderung für uns liegt darin, unsere Existenz einzufordern», heisst es in einem Proträt des «Caux Scholars Programm», das sie letztes Jahr in der Schweiz besuchte.


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