Indien: Frauenbank eröffnet erste Filialen

fs /  Eine Bank, die auf die Bedürfnisse von Frauen zugeschnitten ist, soll die Eigenständigkeit von Frauen in Indien fördern.

In Indien sind die ersten Filialen der staatlichen Frauenbank eröffnet worden. Landesweit sind vorerst 25 Filialen der «Bharatiya Mahila Bank» (Bank der Indischen Frauen) geplant. Sie bieten Kontoführung, Darlehen und Vorsorgeprodukte für Frauen an. Staatliche Banken sind in Indien die Regel: Fast drei Viertel des Bankensektors ist in staatlicher Hand. Finanzminister Palaniappan Chidambaram sagte gegenüber der «Times of India», dass Frauen bereits einige indische Banken leiteten, aber keine Bank sei auf Frauen als Kundinnen spezialisiert. Indien habe jetzt erstmals eine Bank mit weiblichen Angestellten, die Frauen und von Frauen geführte Unternehmen und Gruppen finanziere. Das stärke die Eigenständigkeit der Frauen in finanziellen Angelegenheiten.
Nur jede vierte Inderin hat ein eigenes Konto
Laut einem Bericht der Weltbank von 2012 hat durchschnittlich nur jede vierte Frau in Indien ein eigenes Bankkonto. Dieser Anteil ist in den Grossstädten höher als auf dem Land, wo auch mehr Frauen weder lesen noch schreiben können. «Diese Frauen können keine komplizierten Formulare ausfüllen», sagt Pam Rajput, Vizepräsidentin der «National Alliance of Women», einer Dachorganisation der indischen Frauenbewegung. Eine Bank, die auf die Bedürfnisse dieser Frauen zugeschnitten sei, könne die Eigenständigkeit von Frauen in finanziellen Angelegenheiten fördern. Heute seien in Familien meist die Männer zuständig für die Finanzen. Und konservative Frauen wollten nicht mit unbekannten Männern in anonymen Banken verhandeln. Die Frauenbank sei deshalb eine «sehr gute Idee». Mehr Eigenverantwortung und Kompetenz für Frauen in finanziellen Angelegenheiten habe nicht nur für die Frauen sondern auch für die gesamte Volkswirtschaft positive Auswirkungen. Pam Rajput: «Eine Frau setzt das Geld für die Familie ein, für ihre Kinder und letzten Endes für das Land.» Männer würden ihr Einkommen eher für Alkohol und andere Drogen ausgeben.
Nur ein Wahlkampfmanöver der Regierung?
Jayathi Ghosh hingegen ist skeptisch. Nach Ansicht der Ökonomieprofessorin an der Jawaharlal-Nehru-Universität in Neu Delhi ist das vorgesehene Startkapital in der Höhe von umgerechnet 110 Millionen Euro (132 Millionen Franken) viel zu tief. Die Frauenbank sei nach all den negativen Schlagzeilen über Vergewaltigungen der Versuch der Regierung, sich als Anwältin der Rechte der Frauen zu profilieren. Jayathi Ghosh spricht von einem Wahlkampfmanöver, das für die Frauen sogar kontraproduktiv sein könne. «Damit wird der Kreditmarkt für Frauen zu einer Art Ghetto.» Eine Bank für Frauen heisse, dass die Beteiligung von Frauen am öffentlichen Leben «irgendwie getrennt abläuft». Statt einer Frauenbank schlägt Jayati Ghosh spezielle Dienstleistungen für Frauen im bestehenden Bankensystem vor.


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