«Männerhass» ist ein widersinniger Vorwurf
«Die Welt könnte so schön sein ohne euch» hatte Spiegel-Redaktorin Elisa von Hof festgestellt. Anlass waren brutale Gewaltdelikte gegen Frauen. Sie habe keine Geduld mehr, Männer mit Samthandschuhen anzufassen. Für Frauen gebe es keine sicheren Orte, weil Männer sich nicht ändern wollen. Männer seien das Problem. Deren Wut und Frustration dürfe nicht länger eine Gefahr für andere sein. «Lernt endlich, eure Gefühle wahrzunehmen und konstruktiv mit ihnen umzugehen. Frauen müssen das auch.»
Vorwurf «Männerhass»
Ein paar Tage später reagierte ihr 26 Jahre älterer Kollege Ralf Neukirch unter dem Titel «Ohne euren Männerhass wäre die Welt noch schöner» (Bezahlschranke). Es gebe viele Artikel dieser Art, diskreditiert er gleich zu Beginn die Arbeit seiner Kollegin: «Argumentiert wird in diesen Texten selten.» Es gehe um Befindlichkeiten. Neukirch fühlt sich wegen seines Geschlechts offensichtlich auf der Anklagebank. Er zieht deshalb falsche Schlüsse. Feministinnen wirft er Männerhass vor, statt Männer in die Pflicht zu nehmen, ihre Verhaltensweisen zu reflektieren.
Statistischer Unsinn
Er selber sei nie gewalttätig und er kenne keinen Gewalttäter, schreibt Neukirch. Und überhaupt seien Männer häufiger Opfer von Gewalt als Frauen. Um dies zu belegen, vergleicht er die Zahl aller Morde an Männern mit allen Morden von Männern an ihren (Ex-)Partnerinnen. Das ist statistischer Unsinn. Seriös wäre nur ein Vergleich mit den Morden von Frauen an ihren (Ex-)Partnern. Solche Morde geschehen äusserst selten. Aber deutschlandweit wird zweimal pro Woche eine Frau von ihrem (Ex-)Partner ermordet.
Einseitiger «administrativer Komplex»
«Veraltete Rollenbilder schaden nicht nur den Mädchen», schreibt Neukirch. Er behauptet, «die Frauenlobby» bestreite, dass auch Männer in einigen Bereichen «systematisch» benachteiligt werden. Ein «administrativer Komplex» sichere die Meinung institutionell ab, dass nur Frauen diskriminiert werden. Es gebe landesweit mehrere Hundert «sogenannte Gleichstellungsbeauftragte». Das fördere eine einseitige Sicht auf «das Problem».
Kollegin diskreditiert und belehrt
«Wem’s guttut, der darf sich natürlich über die Männer auslassen», meint Neukirch pseudogrosszügig und belehrt seine junge Kollegin: «Dann sollte nur klar sein, dass man damit die Verhältnisse zementiert, statt sie zum Tanzen zu bringen.» Am besten würde man gemeinsam nach Lösungen suchen. «Das scheint nur nicht gewünscht zu sein», unterschiebt er seiner Kollegin.
Das ist fast schon ein tragisches Missverständnis. Wer mit den veralteten Geschlechterrollen Schluss machen will, hat kein Problem mit Männern, aber mit der veralteten Männer- und Frauenrolle. Auch Männer profitieren, wenn sie nicht mehr allein für die Familie sorgen, stark, beruflich erfolgreich und durchsetzungsfähig sein müssen.