Australierinnen demonstrieren gegen Gewalt an Frauen. © France24

Beauftragter für «Verhaltensänderung von Männern»

fs /  Gewalt gegen Frauen gilt als Frauenproblem. Ein australischer Bundesstaat will dies nun ändern.

In Australien sind in den ersten vier Monaten dieses Jahres 27 Frauen ermordet worden, weil sie Frauen sind. Im Durchschnitt heisst das: An jedem vierten Tag geschah ein solcher Mord. Gegen diese Welle der Gewalt im Land mit 27 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern demonstrierten Ende April landesweit Tausende. Sie warfen der Politik vor, zu wenig dagegen zu tun. 

Bundesstaat Victoria handelt
Jacinta Allan, Labor-Premierministerin des Bundesstaates Victoria, ernannte kurz darauf Tim Richardson zum Parlamentarischen Sekretär für Verhaltensänderung von Männern. Der Labor-Abgeordnete im Parlament von Victoria will jungen Menschen beibringen, wie sie mit altmodischen Geschlechterklischees in den Social Media umgehen und respektvolle Beziehungen aufbauen können, schrieb er auf X/Twitter.

«Strukturelles Problem»
Laut nationalen Statistiken nimmt die geschlechtsspezifische Gewalt in Australien zu. Millionen Frauen sind laut Richardson betroffen: «Wir können nicht leugnen, dass es sich um ein kulturelles, strukturelles Problem handelt.» Seine Ernennung sei ein Zeichen für die zunehmende Erkenntnis, dass die Politik Männer einbeziehen müsse, wenn sie Gewalt gegen Frauen und Mädchen wirksam bekämpfen wolle, sagte Kate Fitz-Gibbon. Die Universitätsprofessorin ist Vorsitzende des Vereins «Respect Victoria», der sich für die Prävention von Gewalt gegen Frauen einsetzt. 
Tarang Chawla, Aktivist gegen Männergewalt, hofft, dass die Ernennung von Richardson bei Männern zum Umdenken führt. Gewalt gegen Frauen sei kein Frauenproblem, sondern ein Männerproblem, sagte er gegenüber CNN. Dafür müsse jeder einzelne Mann Verantwortung übernehmen.

«Alle Männer müssen Teil der Lösung sein»
Die Ernennung von Richardson stiess auch auf Kritik. Jane Hume, liberale Senatorin im nationalen Parlament, sprach in Sky News von einer oberflächlichen Reform für ein Problem, das eine «tiefgreifende kulturelle Änderung erfordert». Andere kritisierten, die Ernennung eines Beauftragten für die Verhaltensänderung von Männern signalisiere, dass alle Männer Täter seien. Professorin Fitz-Gibbon erwiderte: «Es geht hier nicht um alle Männer, aber alle Männer müssen Teil der Lösung sein.» Man müsse diejenigen einbeziehen, die am häufigsten für diese Form der Gewalt verantwortlich sind. 

«Problem der gesamten Gesellschaft»
Der australische Premierminister Anthony Albanese (Labor) sagte gegenüber dem TV-Sender «Nine Network», Empathie reiche nicht mehr. «Die Tatsache, dass durchschnittlich alle vier Tage eine Frau durch die Hand ihres Partners stirbt, ist eine nationale Krise.» Die Politik müsse handeln, denn diese Gewalt sei ein Problem der gesamten Gesellschaft. Man dürfe nicht Frauen dafür verantwortlich machen, der Gewalt gegen Frauen ein Ende zu setzen. «Wir müssen die Kultur ändern, wir müssen die Einstellungen ändern – wir müssen das Rechtssystem ändern.» 

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