Irreführende Schlagzeile im «Tagesspiegel»: Die Attacken waren nicht «mysteriös», sondern geplant. © tagespiegel.de

«Das ist männlicher Terrorismus gegenüber Frauen»

fs /  Männer rufen andere Männer dazu auf, Frauen bei einem Musikfest mit Spritzen zu attackieren. Ziel ist es, Frauen Angst zu machen.

In Frankreich erstatteten diesen Sommer 145 Frauen nach der Fête de la Musique Anzeige, weil sie mit Spritzen gestochen worden waren. Die jungen Frauen berichteten von Stichen im Gedränge, meistens an einem Arm oder an der Schulter. Sie befürchteten, dass ihnen Drogen gespritzt wurden, um sie anschliessend zu vergewaltigen. Die Polizei ermittelte in mehreren Städten gegen tatverdächtige Männer wegen gefährlicher Körperverletzung. Doch sie musste die Männer wieder freilassen, da keine Beweise wie Nadeln, Spritzen oder andere spitze Gegenstände gefunden wurden und bei den Klägerinnen keine Substanzen nachgewiesen werden konnten.

«Männlicher Terrorismus»
Laut dem französischen Innenministerium ist es Fakt, dass es in den Social Media Aufrufe gab, Frauen während der Fête de la Musique eine unbekannte Substanz zu spritzen. Es seien jedoch nicht mehr Aufrufe gewesen als bei solchen Anlässen üblich. Warnungen vor solchen Spritzattacken hätten vermutlich viele Frauen verunsichert. Der Journalist Félix Lemaître sagte der französischen Tageszeitung «Libération», dass in den meisten Fällen wohl keine Substanzen gespritzt wurden. Trotzdem handle es sich um vorsätzliche Gewalt. «Es handelt sich um eine Art männlichen Terrorismus, der darauf abzielt, bei Frauen Angst zu schüren. Es ist ein sehr männliches Privileg, sich in einem festlichen Kontext im öffentlichen Raum sorglos verhalten zu können. Bereits 1819 gab es auf der Strasse Stecher, die mit spitzen Stöcken oder anderen Gegenständen auf Frauen losgingen.» Lemaître ist Autor des Buchs «La Nuit des hommes – Une enquête sur la soumission chimique» (Die Nacht der Männer – Eine Untersuchung zur chemischen Unterwerfung).

Weder «mysteriös» noch «rätselhaft»
Die Attacken waren weder «mysteriös» noch «rätselhaft», wie deutschsprachige Medien suggerierten. Männer, die offensichtlich keine Angst vor Konsequenzen hatten, riefen auf Social Media öffentlich dazu auf, Frauen an einem Fest zu attackieren. Eine Aktivistin des feministischen Kollektivs «Nous Toutes» sagte gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Radio «France Inter», das grundlegende Problem seien nicht die Stichattacken am Tag des Musikfestes, sondern eine Gesellschaft, die viel zu wenig gegen die alltägliche Gewalt von Männern gegenüber Frauen unternehme.

Wenn Frauen Männer attackieren würden
Die ersten Berichte über Nadelstiche bei Veranstaltungen gab es 2021 in Grossbritannien. Daraufhin berichteten Hunderte Frauen, sie seien in Clubs mit einem spitzen Gegenstand attackiert worden. Auch in Spanien, Belgien, den Niederlanden, Deutschland und Frankreich meldeten Betroffene Stichattacken. Viele halten die Angst der Frauen vor Spritzen für übertrieben und nehmen sie deshalb nicht ernst. Die feministische Autorin Alexandra Zykunov hielt ihnen im «Spiegel» den Spiegel vor: «Man stelle sich vor, Frauen hätten sich landesweit auf Social Media verabredet, gezielt Männer und Jungs in der feiernden Menge mit benutzten Spritzen in Hals und Arme zu stechen und ihnen eine unbekannte Injektion zu verabreichen. Was da loooos wäre! Die ‘Bild’-Zeitung würde wochenlang Extrabeilagen drucken, während Söder, Weidel und Trump endlich ganz offiziell von einem woken Krieg gegen Männer in Germany schwadronieren könnten. Aber andersherum? Ist es eine ‘mysteriöse Angriffswelle’. Wie bei so einem Detektivroman, an der Tanke, für 3,99 Euro.»

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