Frauenschläger: «Ich bereue nichts»
Depp ist laut einem britischen Gericht ein «Frauenschläger». Trotzdem erhielt er in diesem Frühjahr in Cannes eine siebenminütige stehende Ovation. Und Dior verlängerte seinen Werbevertrag um drei Jahre für eine Rekordgage von 20 Millionen US-Dollar. «Ich bereue nichts», sagte er kürzlich im Interview mit der «SonntagsZeitung». Seine Ex-Frau habe ihn grundlos häuslicher Gewalt beschuldigt. Alle hätten aus dem Verfahren gelernt. Und er schaue nicht zurück
Man darf ihn als «Frauenschläger» bezeichnen
Auch Filmfans und Dior verdrängen offensichtlich die Vergangenheit des prominenten Schauspielers: Vor drei Jahren verlor Depp in Grossbritannien einen Verleumdungsprozess gegen das Boulevardblatt «Sun», das ihn als «Frauenschläger» bezeichnet hatte. Die meisten Vorwürfe seiner Ex-Frau Amber Heard wegen häuslicher Gewalt seien erwiesen, meinte damals der Richter. Einige US-Filmstudios kündigten darauf Verträge mit Depp und seine Anwesenheit an Festivals löste eine Zeit lang Kontroversen aus.
Doch letztes Jahr sprach die Jury eines US-Gerichtes in einem anderen Verfahren Depp vom Vorwurf frei, seine Ex-Frau Amber Heard geschlagen zu haben. Diesem Urteil war eine massive Schmutz- und Hasskampagne von konservativen Medien und Depp-Fans gegen die US-Schauspielerin vorausgegangen.
«Lasst uns Amber verbrennen»
Depp hat seinem Frauenhass schon vor Jahren freien Lauf gelassen, wie aus Texten hervorgeht, die den US-Geschworenen vorlagen. 2013 schrieb er einem Freund: «Lasst uns Amber verbrennen. Lasst uns sie ertränken, bevor wir sie verbrennen!!! Ich werde ihre verbrannte Leiche danach ficken, um sicherzustellen, dass sie tot ist.» Frauen bezeichnete er als «Schlampen» und «fette hässliche Huren». Seine frühere Frau, die französische Schauspielerin Vanessa Paradis, beschrieb er als «verwelkte Fotze».
Karrierebruch für die Frau
Es ist schwer vorstellbar, dass ein Luxusgüterkonzern einer Frau 20 Millionen nachwerfen würde, die vergleichbare Hasskommentare über Männer schreibt. Amber Heard hat sich mittlerweile aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und ist von den USA nach Spanien umgezogen. Von lukrativen Werbeverträgen ist nichts bekannt. «Klingt nach einer unglaublich vertrauten Geschichte», kommentierte der «Guardian». Missbrauchsvorwürfe waren beispielsweise keine Hindernisse für Clarence Thomas oder Brett Kavanaugh, als Richter ans oberste US-Gericht gewählt zu werden. Donald Trump wurde trotz seiner offen zelebrierten Frauenfeindlichkeit zum US-Präsidenten gewählt. Frauenfeindlichkeit kann die Karrieren von Männern also sogar fördern, wie jetzt auch der Fall von Depp zeigt. Die Frauen hingegen stehen als Lügnerinnen da und müssen mit Karrierebrüchen rechnen.
Späte Entschuldigungen
Unter dem Hashtag #IStandWithAmberHeard entschuldigen sich mittlerweile zahlreiche Personen, die letztes Jahr an der Schmutzkampagne gegen die Schauspielerin mitgemacht hatten.
Die Juristin Anita Hill, die vor über 30 Jahren die Missbrauchsvorwürfe gegen Clarence Thomas erhoben hatte, erlebte damals eine ähnliche Schlammschlacht. Sie verlor ihr Ansehen und eine Professur. Vor einigen Jahren entschuldigte sich der jetzige US-Präsident Joe Biden bei ihr, weil er sie damals in der Senatsanhörung über ihre Belästigungsvorwürfe unfair behandelt hatte. Hill nahm die Entschuldigung nicht an. Es gehe nicht um sie persönlich, sondern um die Botschaft, dass man Frauen nicht ernst nimmt. Biden müsse sich deshalb bei allen Frauen und Männern entschuldigen, die von einer Regierung erwarten, dass sie die Aussagen einer Frau ernst nimmt und sexuelle Belästigung nicht toleriert.