Fussball-Präsident diffamiert Frauen als Lügnerinnen
Der Franzose Benjamin Mendy war ein Spitzenfussballer. Als er 2017 von Monaco zu Manchester City wechselte, soll die Ablösesumme bei knapp 60 Millionen Euro gelegen haben. 2021 kam der tiefe Fall: Manchester suspendierte ihn wegen Vergewaltigungsvorwürfen in acht Fällen. Zwei Jahre später wurde er aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Vor Gericht sagte er, es sei für ihn normal gewesen, in der gleichen Nacht auf privaten Partys mit mehreren Frauen ungeschützt Sex gehabt zu haben.
Täter-Opfer-Umkehr
Nach dem Freispruch wechselte Mendy 2023 zum FC Lorient nach Frankreich, kam dort aber nur selten zum Einsatz. Anfang dieses Jahres verpflichtete ihn der FC Zürich, ohne auf seine Vergangenheit hinzuweisen. Er begründete dies mit «Persönlichkeitsschutz». Die Frauenzentrale Zürich, Dachverband von Frauenorganisationen im Kanton Zürich, kritisiert dies: «Fussballclubs haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Mit der Verpflichtung leistet der FCZ einen Beitrag zur ‘Rape Culture’. Er sendet die Botschaft: Solange du gut spielst, ist dein Verhalten gegenüber Frauen egal.»
Ancillo Canepa, Präsident des FC Zürich, rechtfertigte den Transfer in der Boulevardzeitung «Blick» mit einer klassischen Täter-Opfer-Umkehr. Er unterstellte den Frauen zu lügen und diskreditierte damit die Klägerinnen: «Bekannte Fussballer sind oft begehrte Objekte, um sie auch ohne ein Fehlverhalten einzuklagen. Dies in der Absicht, von ihnen ein Schweigegeld zu erpressen. Dafür gibt es leider einige Beispiele.»
Schwierige Beweislage
Es ist statistisch erwiesen, dass die wenigsten Anzeigen wegen Vergewaltigung mit einer Verurteilung enden. Meist handelt es sich um ein Vier-Augen-Delikt mit entsprechend schwieriger Beweislage. Deshalb verzichten viele Opfer auf eine Anzeige. Für Canepa gilt Mendy als unschuldig, da er vom Vorwurf der Vergewaltigung oder versuchten Vergewaltigung in acht Fällen freigesprochen wurde. Mendy’s Aussagen vor Gericht zeigten jedoch, dass er sich frauenfeindlich verhielt. Für den FCZ war dies offenbar kein Hinderungsgrund, um Mendy zu verpflichten. Er hielt es nicht einmal für nötig, sich von frauenverachtendem Verhalten und sexueller Gewalt zu distanzieren.
Frauenverachtendes Verhalten
Damit signalisiert die FCZ-Führung Spielern und Spielerinnen im Verein, Fans, Sponsoren und allen Frauen und Männern, dass frauenverachtendes Verhalten nicht der Rede wert ist. Nur eine rechtskräftige Verurteilung sei relevant.
Die Frauenzentrale ist anderer Ansicht. Trotz des Freispruchs vor Gericht seien die Vergewaltigungsvorwürfe nicht haltlos, auch weil mehrere Frauen sie erhoben hatten. Andere Vereine hätten Mendy deshalb nicht engagiert. «Es geht uns nicht darum, ein abgeschlossenes Gerichtsverfahren infrage zu stellen. Unsere Kritik richtet sich vielmehr an die gesellschaftliche Verantwortung eines grossen Vereins wie des FCZ. Die Diskussion rund um diesen Fall zeigt, dass sexualisierte Gewalt oft schwer zu ahnden ist und Betroffene grosse Hürden bei der juristischen Aufarbeitung erleben.»
Kein Einzelfall
Der Fall Mendy zeigt, wie sich der Profisport mit Vorwürfen sexueller Gewalt schwertut. Im Zweifelsfall stellen sich die Verantwortlichen lieber hinter die mutmasslichen Täter, statt für ein Umfeld zu sorgen, das Übergriffe verhindert. Prominentes Beispiel ist der ehemalige spanische Fussballpräsident Luis Rubiales. Er hatte die Fussballerin Jennifer Hermoso nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft gegen ihren Willen auf den Mund geküsst. Auf Kritik reagierte Rubiales mit einer Täter-Opfer-Umkehr. Er bezichtigte Hermoso des Übergriffs und inszenierte sich selbst als «Opfer von falschem Feminismus». Die Verbandsfunktionäre spielten mit und kündigten rechtliche Schritte gegen Hermoso an. Von Rubiales distanzierten sie sich erst, als der öffentliche Druck zu gross wurde. Rubiales wurde kürzlich wegen des Übergriffs zu einer Geldstrafe verurteilt. Er und Hermoso haben angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen.