Fotograf manipulierte verletzliche Frauen
In Fällen sexueller Gewalt kann nach Schweizer Recht psychischer Druck eine Nötigung sein. Dafür muss dieser Druck «erheblich» sein. Was dies heisst, beurteilen Gerichte sehr unterschiedlich, wie ein mehrjähriges Verfahren zeigt.
Übergriffiger Fotograf
Konkret geht es um den Fall eines heute 50-jährigen Hobbyfotografen. Er lud junge Frauen zu sich nach Hause für Fotoshootings ein. Dafür suchte er auf Facebook nach jungen Frauen mit psychischen Problemen. Während der Shootings setzte er sie unter Druck, sich auszuziehen und sexuelle Handlungen zu dulden. Die Opfer waren zum Zeitpunkt der Taten zwischen 17 und 34 Jahre alt. Eine der Betroffenen erstattete Anzeige. Die Polizei stellte daraufhin unter anderem Fotos und Videos sicher. Weitere Opfer zeigten den Fotografen an, weil er sie ohne ihr Wissen gefilmt hatte.
11 Jahre Haft
In erster Instanz verurteilte das Strafgericht des Saanebezirks im Jahr 2021 den Fotografen zu elf Jahren Freiheitsstrafe wegen Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte, sexueller Nötigung, Vergewaltigung und Pornografie. Die Staatsanwaltschaft hatte nur sechs Jahre gefordert.
30 Monate teilbedingt
In zweiter Instanz verurteilte das kantonale Berufungsgericht den Fotografen lediglich wegen Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon 15 Monate unbedingt. Von den Vorwürfen der sexuellen Nötigung, Vergewaltigung und Pornografie sprach es ihn frei. Aufgrund der Fotos und von Videos sei davon auszugehen, dass die Frauen den sexuellen Handlungen zugestimmt hätten. Da der Fotograf ein Amateur ist, seien die Frauen nicht von ihm abhängig gewesen.
Aussagen der Opfer missachtet
Das Schweizer Höchstgericht (Bundesgericht) hob dieses Urteil auf und wies es zur Neubeurteilung an das kantonale Berufungsgericht zurück. Auch ein Amateurfotograf könne psychischen Druck ausüben. Das Gericht habe zudem die Aussagen der Opfer nicht berücksichtigt. Allein anhand der Fotos und Videos könne man nicht von einer Einwilligung ausgehen. Diese Beweismittel stellen die über Stunden dauernden Fotoshootings und deren Ablauf nur unzureichend dar. Zudem geben sie keine Auskunft über die psychische Verfassung der Opfer, beispielsweise über ihre Angst oder ihren Wunsch nach guten Fotos.
6 Jahre Haft
Das kantonale Berufungsgericht folgte daraufhin der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Fotografen wegen Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte, sexueller Nötigung und Vergewaltigung zu sechs Jahren Freiheitsstrafe. Der Fotograf habe über Social Media gezielt verletzliche junge Frauen angesprochen, ihnen geschmeichelt, sie manipuliert und ihre Unsicherheiten ausgenutzt. Während der mehrstündigen Fotoshootings habe er sie zu immer mehr Nacktheit und sexuellen Handlungen gedrängt. Wenn sie sich weigerten, setzte er sie verbal herab. Fehlendes Einverständnis ignorierte er. Das Gericht befand, er habe das asymmetrische Machtverhältnis zwischen ihm und den Frauen ausgenutzt. Bei den Opfern habe das Vorgehen des Fotografen zu Verwirrung, Angst Schockstarre oder psychischer Dissoziation geführt, was Widerstand verunmöglichte.
Urteil rechtskräftig
Den Einspruch des Fotografen gegen das Urteil des Berufungsgerichts wies das Bundesgericht diesen Herbst ab. Das Urteil (französisch) ist damit rechtskräftig (Aktenzeichen: 6B_535/2025).

