MordF

Artikel im «Le Parisien» vor dem Prozess gegen den Täter 2009. © ztg

Staat haftet für Mord an Frau

/  In Frankreich muss der Staat nach dem Mord an einer Frau Schadenersatz zahlen. Sie hatte mehrmals vergeblich die Polizei um Hilfe gebeten.

Die junge Frau ist 2007 von ihrem Ex-Partner ermordet worden. Ein Jahr zuvor war sie erstmals bei der Polizei. Dort sagte sie, dass sie von ihrem früheren Lebenspartner regelmässig geschlagen und bedroht werde. Im Herbst 2006 reichte sie Klagen gegen den Mann ein, weil er sie mit dem Tod bedroht und ihre Schwester und ihre minderjährige Tochter telefonisch schwer belästigt hatte.
Täter blieb unbehelligt
Die Polizei verlangte bei der Telefongesellschaft Auskunft über die Identität des Anrufers. Die Anfrage blieb ergebnislos, weil die Polizei eine Ziffer seiner Telefonnummer falsch weitergeleitet hatte. Der Täter blieb unbehelligt. Wenige Monate später ermordete er die Frau.
Versagen der Justiz
Nun hat das «Tribunal de Grande Instance» in Paris den Staat verurteilt, den Hinterbliebenen 150’000 Euro (180’000 Franken) Schadenersatz zu zahlen, berichtet «Le Monde». Die wiederholte Untätigkeit der Polizei stehe in direktem Zusammenhang mit der Ermordung der Frau. Die Justiz sei unfähig gewesen, ihre wichtigste Funktion, den Schutz der Bürgerinnen und Bürger, wahrzunehmen. Die Untätigkeit der Polizei habe beim Täter zum Gefühl geführt, dass er nicht zur Verantwortung gezogen werde. Seine Gewalt habe deshalb immer mehr zugenommen. Das Versagen der Justiz sei ein schwerer und unentschuldbarer Fehler. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

In Deutschland ist Anfang dieses Jahres in Münster eine Frau von ihrem früheren Lebenspartner erschossen worden. Sie hatte zuvor zwei Mal bei der Polizei Anzeige gegen ihn erstattet, weil er sie wiederholt bedroht hatte. Obwohl die Frau ausgesagt hatte, dass ihr Ex-Partner eine Waffe besitzt, ermahnte ihn die Polizei lediglich. Es habe keine Anzeichen gegeben, dass er seine Drohungen wahr machen wolle, rechtfertigte sich die Polizei. Die Frau habe auch kein Annäherungsverbot verlangt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581