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Aufruf der «Europeans Women’s Lobby» (EWL), die Konvention umzusetzen. © EWL

Besserer Schutz der Frauen vor Gewalt

fs /  Am 1. August tritt die Konvention des Europarates zum besseren Schutz der Frauen vor Gewalt in Kraft. Sie gilt als bahnbrechend.

Andorra hat vor kurzem als 10. Land die «Istanbul Konvention» ratiziert. Damit ist das «Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt» ab dem 1. August 2014 für alle Staaten verbindlich, welche die Konvention ratifiziert haben. Menschenrechtsorganisationen sprechen von einer «bahnbrechenden» Konvention, welche die bisherigen, unverbindlichen Empfehlungen ablöst. Die Konvention sei auf europäischer Ebene das erste rechtlich verbindliche Dokument gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Mittlerweile haben zwölf Staaten die Istanbul-Konvention ratifiziert, unter anderen Österreich und Italien. Die Konvention unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert haben die Schweiz und Deutschland.

Verpflichtung zu konkreten Massnahmen
Mit der Ratifizierung in den nationalen Parlamenten verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, Massnahmen zu ergreifen, um Frauen vor Gewalt im öffentlichen und privaten Raum zu schützen. Sie müssen die Gleichstellung von Frau und Mann in den nationalen Verfassungen rechtlich verankern und sämtliche diskriminierenden Vorschriften abschaffen. Für Betroffene soll es flächendeckende Unterstützungsangebote geben. Dazu gehören beispielsweise Frauenhäuser, medizinische Dienste, kostenlose Telefon-Helplines, Beratungsstellen, Aus- und Weiterbildungsangebote und die Unterstützung bei der Suche nach Arbeit. Die Konvention verlangt auch umfassenden Rechtsschutz für die Opfer. Die Mitgliedstaaten werden ermuntert, die Konvention auf alle Opfer von häuslicher Gewalt anzuwenden, also auch auf Männer und Kinder. Eine internationale Gruppe unabhängiger Expertinnen und Experten soll die Umsetzung der Konvention in den einzelnen Staaten überwachen.

Zu wenig Plätze in Frauenhäusern

In der Schweiz, welche die Konvention noch nicht ratifiziert hat, fehlen unter anderem Plätze in Frauenhäusern. Die Konvention verlangt, mindestens einen Betreuungsplatz pro 10’000 Einwohnerinnen und Einwohner für Opfer häuslicher Gewalt einzurichten. Das entspricht in der Schweiz 800 Plätzen. Zurzeit stehen nach Angaben des Dachverbandes der Frauenhäuser landesweit nur 260 Plätze zur Verfügung. Der Bund muss nun entweder den Ausbau selber finanzieren oder die Kantone dazu verpflichten. Weiter fehlt in der Schweiz eine nationale Notfall-Telefonnummer. Die Konvention schreibt vor, dass für alle Betroffenen, also auch für Täter, eine nationale Helpline zur Verfügung stehen muss.

Auch Deutschland hat die Konvention noch nicht ratifiziert. Ein Grund sind Lücken im Sexualstrafrecht, welche die Regierung nun schliessen will. Nach geltender Rechtslage spielt beispielsweise der fehlende Wille des Opfers keine Rolle für eine Strafbarkeit. Die Konvention hingegen verlangt, dass «nicht einverständliche sexuelle Handlungen» bestraft werden. Der Deutsche Juristinnenbund fordert eine grundsätzliche Reform des Sexualstrafrechtes, um die sexuelle Selbstbestimmung aller Menschen zu schützen.


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