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Körperverletzung: Über die häufigste Form der Gewalt gegen Frauen berichten Medien nur selten. © cc

Gefährliche Lücke in Berichterstattung über Gewalt

fs /  Medien vermitteln ein verzerrtes Bild über Gewalt gegen Frauen. Morde erhalten zu viel Aufmerksamkeit und die alltägliche Gewalt zu wenig.

Dies geht aus einer Analyse deutscher Zeitungen hervor. Die Studie zeigt, dass der Extremfall und der Einzelfall die Berichterstattung dominieren. Das kann fatale Folgen haben, weil die Berichterstattung über Gewalt gegen Frauen beeinflusst, wie Gesellschaft und Politik damit umgehen. 

Untersuchte Zeitungen
Für die Studie der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung hat Christine Meltzer, Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Mainz, rund 3500 Artikel deutscher Tageszeitungen analysiert, die zwischen 2015 und Mitte 2019 erschienen sind. Ausgewertet hat sie drei Boulevardmedien, fünf Lokalzeitungen aus Ost- und fünf aus Westdeutschland sowie die vier überregionalen Zeitungen «Süddeutsche Zeitung», «Frankfurter Allgemeine Zeitung», «Welt» und «Tageszeitung».

Einseitige Darstellung von Gewalt gegen Frauen
Einige Ergebnisse:

  • Mehr als die Hälfte der Artikel betrafen Fälle, die mit dem Tod des Opfers endeten. Doch statistisch ist dieser Extremfall selten. Weniger als ein Prozent aller Gewalttaten gegen Frauen enden mit deren Tod. In der Berichterstattung dominiert der Einzelfall. Die Einordnung in ein grösseres Bild, zum Beispiel durch Statistiken über das Ausmass der Gewalt gegen Frauen, fehlt oft. Strukturelle Gründe wie ein patriarchales Männerbild werden meist nur thematisiert, wenn der Täter Migrationshintergrund hat.
  • Die häufigste Form der Gewalt gegen Frauen ist statistisch die Körperverletzung. Doch darüber berichten Medien kaum. Und die weit verbreitete Gewalt gegen Frauen in Beziehungen ist meist nur ein Thema bei bestimmten Anlässen wie dem Aktionstag gegen Gewalt oder wenn eine neue Kriminalstatistik veröffentlicht wird. Problematisch sind diese Lücken, weil Täter oft (Ex-)Partner sind und einem Tötungsdelikt meist eine Körperverletzung, Vergewaltigung, Stalking, Nötigung und andere Gewalttaten vorangehen. Wegen der fehlenden Wahrnehmung dieser Gewaltformen durch Medien und Öffentlichkeit entsteht kein Handlungsdruck. 
  • Begriffe wie «Familiendrama» und «Ehekrise» fand Studienautorin Christine Meltzer im Untersuchungszeitraum immer seltener. Ein Erfolg für Feministinnen. Diese kritisieren seit langem, dass solche Begriffe Gewalttaten zu einem persönlichen Schicksalsschlag und damit strukturelle Gründe unsichtbar machen. 

Gewalttaten einordnen
Meltzer empfiehlt, bei Gewalttaten nicht nur über den Einzelfall zu berichten, sondern immer auch strukturelle Gründe zu nennen. Damit könne man Gesellschaft und Politik sensibilisieren und anderen Betroffenen das Gefühl nehmen, mit ihrer Erfahrung allein zu sein. Und wie es mittlerweile bei Suiziden üblich ist, sollte am Schluss eines Artikels ein Hinweis auf Hilfsangebote folgen. Das könne Betroffene ermutigen, Hilfe zu holen.

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