Gross-Inserent toleriert Hass gegen Frauen nicht mehr
Der niederländisch-britische Konsumgüterkonzern Unilever droht Facebook und Google mit einem Werbeboykott, wenn sie auf ihren Plattformen weiterhin Hass, Gewalt und Falschmeldungen (Fake News) tolerieren. Zu Unilever gehören Marken wie Knorr, Dove und Omo.
«Tech-Konzerne zu passiv»
Marketing-Chef Keith Weed kritisierte kürzlich die Tech-Konzerne an einer Konferenz in Palm Desert (USA), berichtet die «Financial Times». Unilever werde nicht mehr in Plattformen investieren, die «Wut und Hass fördern», die Gesellschaft spalten und Kinder nicht ausreichend schützen. «Wir werden zukünftig ausschliesslich in verantwortungsbewusste Plattformen investieren, die Gutes in der Gesellschaft bewirken wollen.» Weed warf den Tech-Konzernen vor, zu wenig zu tun, um den Vertrauensverlust in Online-Inhalte zu stoppen: «Als einer der weltweit grössten Inserenten wollen wir keine Umgebung, in der unsere Kunden nicht dem vertrauen können, was sie online sehen. Wir wollen nicht digitale Plattformen finanzieren, die in Bezug auf Transparenz manchmal nur geringfügig besser sind als ein Sumpf.»
Druck steigt
Für die Tech-Unternehmen ist Werbung die wichtigste Einnahmequelle. Anderseits sind die Plattformen mit täglich Milliarden Userinnen und Usern für Unilever ein lukratives Umfeld für Werbung. Fachleute gehen deshalb davon aus, dass Unilever mit der Drohung nicht ernst machen wird. Doch Unilever erhöhe den Druck auf die Tech-Unternehmen, energischer gegen Hass, Gewalt und Falschmeldungen vorzugehen.
Plattformen sollen handeln
Online-Hasskommentare treffen überdurchschnittlich häufig Frauen, wie verschiedene Untersuchungen zeigen. Anfang dieses Jahres äusserten sich frühere Führungskräfte der Tech-Konzerne entsetzt darüber, was aus der Idee der sozialen Netzwerke geworden ist. Sie riefen ihre früheren Arbeitgeber auf, mehr zu tun gegen Hass, Gewalt und Falschnachrichten auf den Plattformen.
In Deutschland verplichtet das «Netzwerkdurchsetzungsgesetz» Plattformen wie Facebook, Twitter und YouTube Hasskommentare rasch zu löschen oder zu sperren. Wer dieser Pflicht nicht nachkommt, muss mit einer Geldstrafe in Millionenhöhe rechnen.
«Aufgabe von Gerichten»
Juristen aus der Schweiz kritisierten im «Tages-Anzeiger», dass das deutsche Gesetz die Verantwortung auf die Tech-Konzerne abwälze, und damit der Willkür Tür und Tor öffne. Es sei jedoch die klassische Aufgabe von Gerichten festzustellen, «was eine wahre und was eine falsche Information ist, was rechtswidrig ist und was nicht». Allerdings seien Gerichtsverfahren zu lange und zu teuer. Es brauche deshalb eine Reform dieser Verfahren, damit die Justiz den Anforderungen der digitalen Welt gerecht werden könne. «Nur wenn die Justiz aus ihrem digitalen Dornröschenschlaf erwacht, kann sie verhindern, in vielen Bereichen abgehängt zu werden, und ihre normsetzende Rolle in einer digitalisierten Welt langfristig an die technologische Community und ihre technischen Standards zu verlieren.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine