Häusliche Gewalt soll viel mehr als Kriege kosten
Das Forschungsteam der Universitäten Oxford und Stanford hat im Auftrag des «Copenhagen Consensus Center» erstmals die volkswirtschaftlichen Kosten von häuslicher Gewalt und kriegerischen Auseinandersetzungen geschätzt und verglichen. Es hat dafür Zahlen der Vereinten Nationen, aus Grossbritannien und den USA auf den Rest der Welt hochgerechnet.
Die Ergebnisse
- Insgesamt entstehen durch Gewalt jedes Jahr Kosten von über 9,5 Billionen Dollar (7,35 Billionen Euro, 8,8 Billionen Franken).
- Häusliche Gewalt ist mit Abstand am teuersten. Sie verursacht pro Jahr weltweit Kosten von rund 8 Billionen Dollar (6,1 Billionen Euro, 7,3 Billionen Franken). Dazu gehören Kosten für medizinische Behandlungen und Arbeitsausfälle.
- Tötungsdelikte verursachen Kosten von rund 700 Milliarden Dollar pro Jahr (541 Milliarden Euro, 650 Milliarden Franken).
- Die rund 30 kriegerischen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre kosteten im Durchschnitt pro Jahr noch weniger mit 167 Milliarden Dollar (129 Milliarden Euro, 155 Milliarden Franken). Das sind nur etwa zwei Prozent der gesamten weltweiten Kostenfolgen von Gewaltanwendung.
Fokus auf Terror und Bürgerkriege
«Interessanterweise sind die Formen der Gewalt, die für die Gesellschaft am teuersten sind, diejenigen, die am wenigsten Aufmerksamkeit bekommen, sowohl im Bereich der Entwicklungsausgaben als auch in der öffentlichen Wahrnehmung», schreiben Anke Hoeffler, Ökonomin und Konfliktforscherin an der Universität Oxford, und der Politologe James Fearon von der Universität Stanford. Viel mehr Aufmerksamkeit erhielten weltweit Terror und Bürgerkriege. Bjorn Lomborg, Chef des «Copenhagen Consensus Center», vergleicht dies mit den Unfällen: Autounfälle würden deutlich weniger Aufmerksamkeit erhalten als Flugzeugabstürze, obwohl auf den Strassen viel mehr Menschen sterben.
Prioritäten ändern
Anke Hoeffler und James Fearon fordern die Uno, nationale Regierungen und Hilfsorganisationen auf, häusliche Gewalt nicht länger als privates Problem zu betrachten und mehr Mittel für die Opfer und die Prävention zur Verfügung zu stellen. «Kriege sind eine Form der Gewalt und sehr teuer, aber andere Formen der Gewalt sind noch teurer und erhalten nicht die gleiche Aufmerksamkeit», sagte Anke Hoeffler gegenüber dem «Guardian». Es gehe darum, die Prioritäten zu ändern: «Es fliessen viele Hilfsgelder in fragile Staaten, um Bürgerkriege zu verhindern und humanitäre Hilfe zu leisten; gewalttätige Verbrechen, Kindesmissbrauch und häusliche Gewalt sind allerdings sehr viel verbreiteter und teurer für die Wohlfahrtssysteme.» Es brauche nicht zwingend mehr Geld, sondern eine andere Verteilung der vorhandenen Mittel.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine