Pornovideos mit Gewaltszenen sollen erlaubt werden
Die Rechtskommission des Ständerates schlägt im Rahmen der Revision des Sexualstrafrechts vor, pornografische Filme mit einvernehmlichen Gewaltszenen zwischen Erwachsenen zu erlauben. Der Vorschlag hat eine Kontroverse ausgelöst, weil in solchen Videos meist Frauen sexuelle Gewalt angetan wird. Umstritten ist, welche Konsequenzen dies für Frauen im realen Leben hat.
Ursache von Gewalt im realen Leben
Die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen (EKF) lehnt die Legalisierung ab. Die Kombination von sexuellen und Gewaltfantasien könne eine Ursache von sexualisierter Gewalt im realen Leben sein. Pornografie, in denen die Gewalttätigkeiten nicht klar einvernehmlich stattfinden, widerspreche der Absicht des Gesetzgebers und der EKF, sexualisierte Gewalt einzudämmen.
Die Zürcher Juristin und Kantonsparlamentarierin Andrea Gisler (GLP) argumentiert ähnlich. «In gewalttätigen Pornos werden Frauen zu Objekten degradiert und erniedrigt, das geht hin bis zu Gruppenvergewaltigungen und Folterszenen», sagte Gisler der «Sonntagszeitung». «Solche Bilder haben eine starke Wirkung, gerade bei jungen Männern.» Sexualisierte Gewalt sei eine spezifische Form von Gewalt, die gegen Frauen eingesetzt werde. Eine Gesellschaft, die es mit der Gleichberechtigung der Geschlechter ernst meine, dürfe derart frauenverachtende Filme deshalb nicht einfach gleichgültig hinnehmen.
Fantasiewelt
Befürworterinnen der Legalisierung von Pornovideos mit Gewaltszenen argumentieren, die Darstellerinnen seien nicht automatisch Opfer. Gewalthandlungen unter Erwachsenen können auch einvernehmlich sein, sagte Strafrechtlerin Nora Scheidegger der «Sonntagszeitung». Es sei nicht Aufgabe des Strafrechts, über diese Form der Sexualität zu urteilen. Und es sei auch nicht Aufgabe des Sexualstrafrechts zu beurteilen, ob solche Pornovideos frauenfeindlich seien. Wissenschaftlich sei umstritten, ob gewalttätige Pornofilme zu mehr Gewalt im realen Leben führen.
Auch Jérôme Endrass, Leiter des Amts für Justizvollzug beim Kanton Zürich und Professor für Forensische Psychologie an der Uni Konstanz, sagt, es sei unklar, ob solche Videos die Gewaltbereitschaft von Männern erhöhen. Studien zeigten, dass es für Männer eher darum gehe, in eine Fantasiewelt abzutauchen. «Die Fantasie ist das eine, die Handlungsschwelle zu überschreiten das andere – es sind zwei sehr unterschiedliche Dinge.»
Täter kommen eher davon
Nicht einvernehmliche Gewaltszenen zwischen Erwachsenen in Pornofilmen sollen laut dem Vorschlag für die Revision des Sexualstrafrechts neu von Artikel 135 (allgemeine Gewaltdarstellungen) erfasst werden. Dieser sei weniger streng, schreibt die «Sonntagszeitung»: «Die Messlatte für eine Verurteilung würde wesentlich höher liegen.»