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Prostitution ist keine freie Wahl, sondern Folge einer besonderen Verletzlichkeit der einzelnen Frauen, sagt der Psychologe François Roques. © stuttgart-sagt-stopp.de

«Ich will nur, dass die Männer keine Frau mehr kaufen»

fs /  In Frankreich ist der Kauf von Frauenkörpern verboten. Wer erwischt wird, erfährt in Kursen von betroffenen Frauen, dass der Verkauf des Körpers Frauen zerstört.

Einen solchen Sensibilisierungskurs müssen Männer besuchen, die gegen das Kaufverbot verstossen. Es ist die mildeste Strafe. Möglich sind auch Bussen oder Gefängnis. Die Bussen sind abhängig vom Alter der Frau. Wer erstmals erwischt wird, muss bis 1500 Euro zahlen. Im Wiederholungsfall kostet es bis 3750 Euro. Kunden von Minderjährigen und vulnerablen Personen droht eine Haftstrafe von bis zu 7 Jahren. 
Doch meist kommen die Männer beim ersten Mal glimpflich davon und müssen bloss auf eigene Kosten einen dreistündigen Sensibilisierungskurs besuchen. 

«Ich darf mit ihr machen, was ich will»
François Roques hat als Erster in Frankreich solche Sensibilisierungskurse für erwischte Freier geleitet. Der pädagogische Psychologe sagte der «Tageszeitung», er wolle den Männern klar machen, dass die Gesellschaft den Kauf von Frauen nicht mehr toleriert. Roques ist Experte für häusliche Gewalt. Er sieht zwischen gewalttätigen Partnern und Freiern eine Parallele: «Zu Hause sagt der Täter: ‘Es ist meine Frau, ich darf mit ihr machen, was ich will.› In der Prostitution sagt der Freier: ‚Ich habe sie bezahlt, ich mache, was ich will‘ .» 

Prostitution ist keine freie Wahl
Den Freiern in seinen Kursen sagt Roques, dass Prostitution keine freie Wahl ist, sondern Folge einer besonderen Verletzlichkeit der einzelnen Frauen. Eine Prostituierte müsse durchschnittlich 30 Freier pro Tag ertragen. Jede Dritte sei minderjährig. Und fast alle seien in den Fängen von Frauenhändlern und Zuhältern. Er wolle die Kursteilnehmer nicht beschimpfen: «Ich will nur, dass sie keine Frau mehr kaufen. Meinetwegen nur aus Angst vor der Strafe.» 

Ehemalige Prostituierte machen Eindruck
Am meisten beeindrucke die Freier, wenn man sie mit Aussagen von ehemaligen Prostituierten konfrontiere, sagte Héma Sibi von der internationalen Nichtregierungsorganisation «Coalition Abolition Prostitution» in der «Emma». Rosen Hicher ist eine von ihnen. Die heute 63-Jährige hat sich mehr als zwanzig Jahre lang prostituiert. Seit ihrem Ausstieg engagiert sie sich in Frankreich mit Publikationen und Aufsehen erregenden Aktionen für ein Verbot des Kaufs von Frauen. Sie sagt, dass Prostitution Gewalt ist und Frauen seelisch und körperlich kaputt macht: «Überlebt man, dann ist man für immer zerstört.»

Verbot führt zum Umdenken
Kursleiter Roques stellt ein Umdenken in der Gesellschaft fest, seit Frankreich vor fünf Jahren den Kauf von Frauen verbot. Es habe sich ein Bewusstsein gebildet, dass nicht nur Zuhälter und Frauenhändler verletzliche Frauen ausbeuten, sondern auch Freier. «Ich bin unglaublich froh, dass meine Tochter in einem Land aufwächst, in dem Männer keine Frau mehr kaufen dürfen. Das kommt allen Frauen zugute.»

Vorbild Schweden
Vorbild für das Verbot des Kaufs von Frauenkörpern in Frankreich war Schweden, wo vor über zwanzig Jahren Freier kriminalisiert und Prostituierte entkriminalisiert wurden (Nordisches Modell). Norwegen, Island, Irland, Israel und Kanada gehören mit Frankreich zu den wenigen Ländern, die bisher diesem Vorbild folgten.

In den letzten Jahren forderten Gremien der Uno, der Europarat und die OSZE ihre Mitgliedstaaten auf, die Nachfrage nach Prostitution einzudämmen oder sie zu unterbinden.

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