Gisèle Pélicot zeigt sich in der Öffentlichkeit. Von ihren Vergewaltigern gibt es nur Gerichtszeichnungen. © Fance24

«Mit seiner Ehefrau kann er doch machen, was er will»

fs /  Männer aus der Mitte der Gesellschaft behandeln Frauen wie Objekte. Diese Geringschätzung hat System.

In Frankreich hat Dominique Pélicot seine Frau Gisèle jahrelang betäubt, missbraucht und 90 fremden Männern zur Vergewaltigung überlassen. Diese kommen aus der Mitte der Gesellschaft: Arbeiter, Angestellte, Erwerbslose, Rentner, Väter, Nachbarn. Die meisten sind nicht vorbestraft. Laut französischen Medien haben einige ihre Taten mit der Begründung rechtfertigt, dass Pélicot mit seiner Frau doch machen könne, was er wolle. Dominique Pélicot hat mittlerweile gestanden. Von den anderen Vergewaltigern gaben bisher nur 15 eine Vergewaltigung zu. Die Urteile sollen im Dezember fallen.

Mitwisser schauten weg
In den USA wurde Sean Combs, bekannter als Rapper «Diddy», vor kurzem verhaftet. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, über Jahrzehnte Frauen vergewaltigt, geschlagen, bedroht und als Ware gehandelt zu haben. Viele Männer, auch Prominente, sollen davon gewusst und geschwiegen haben.
In Grossbritannien warfen in einem kürzlich ausgestrahlten BBC-Dokumentarfilm über 100 Frauen dem verstorbenen Milliardär Mohamed al-Fayed Übergriffe und Vergewaltigungen vor. Betroffen waren vor allem junge Mitarbeiterinnen seines Kaufhauses «Harrods». Auch hier schauten alle weg, insbesondere die Sicherheitsleute von al-Fayed.

Schweigen und Verharmlosen
In allen drei Fällen geht es um Männer, die beschuldigt werden, Frauen vergewaltigt, missbraucht und wie Waren behandelt zu haben. Andere sollen mitgemacht oder weggeschaut haben. Angeklagt ist also auch eine Kultur des Schweigens und Verharmlosens sexualisierter Gewalt. Alle Angeklagten haben die betroffenen Frauen in erster Linie als sexuell verfügbare Objekte betrachtet. Sie haben die Frauen entmenschlicht. Die «Neue Zürcher Zeitung» warnte, nun alle Männer pauschal als Täter an den Pranger zu stellen. Doch darum geht es nicht. Allen ist klar, dass nicht alle Männer Gewalttäter sind. Aber zu viele interessiert es schlicht zu wenig, was andere Männer Frauen antun.

Frauen als Ware
Der Titel «Männer als Monster» (SonntagsZeitung), kann den Eindruck erwecken, es handle sich um Einzelfälle. Doch die Zweitrangigkeit von Frauen und Mädchen lernen Jungen und Mädchen schon von klein auf. Sie ist fester Bestandteil der patriarchalen Gesellschaft. Die Ex-Prostituierte Huschke Mau warnt seit Jahren: Es hat Auswirkungen auf den Status aller Frauen, wenn Männer jederzeit legal Frauenkörper kaufen und nach Belieben misshandeln können. Prostitution verankere in der Gesellschaft ein Frauenbild, «das Frauen zur Ware macht».

Die Gleichgültigkeit der Männer
Auf Wunsch von Gisèle Pélicot ist der Prozess gegen ihre vielen Vergewaltiger öffentlich. Vor Ort verfolgten fast nur Frauen den Prozess, berichtete Leo Klimm, Frankreich-Korrespondent des «Spiegel». Eigentlich wäre der Prozess für Männer eine Chance, endlich zu realisieren, wie patriarchale Machtmechanismen sexualisierte Gewalt begünstigen. Doch Männer scheinen nicht zu begreifen, was diese Gewalt für betroffene Frauen bedeutet. Beispiel ist der Bürgermeister von Mazan, dem Wohnort des Hauptangeklagten. Louis Bonnet sagte der BBC zur hundertfachen Vergewaltigung von Gisèle Pélicot: «Es hätte schlimmer sein können. Es waren keine Kinder beteiligt, (…) niemand wurde getötet.»

Dieses Desinteresse der Männer ermögliche erst sexuelle Gewalt, schrieb Klimm im «Spiegel»: «Die Gleichgültigkeit der Männer bedeutet, dass sie sexuelle Gewalt gegen Frauen faktisch tolerieren.» Er rief Männer auf, hinzuschauen und sich endlich über die grassierende Gewalt an Frauen zu empören. Viele Männer empörten sich dann tatsächlich. Allerdings erst, als der Hashtag «NotAllMenButAlwaysAMan» in den Social Media viral ging.

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