Gericht darf Kopftuch nicht verbieten
Die Frau wollte als Nebenklägerin am Strafprozess um die Tötung ihres Bruders teilnehmen. Ein belgisches Gericht untersagte es ihr jedoch, den Gerichtssaal mit Kopftuch zu betreten. Dagegen klagte sie in Belgien erfolglos. Das Gericht habe mit dem Kopftuchverbot die öffentliche Ordnung wahren wollen, lautete das Urteil. Kopfbedeckungen seien geeignet, die Autorität eines Gerichtes zu untergraben. Sie stellten zudem einen Akt der Respektlosigkeit dar.
Keine Repräsentantin des Staates
Dieses Urteil der Vorinstanz hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) kürzlich gekippt, berichtet «Legal Tribune Online». Das Kopftuchverbot verletze die Religionsfreiheit der Frau. Diese habe als Zivilistin am Prozess teilnehmen wollen. Als solche sei sie keine Repräsentantin des Staates und deshalb nicht an das staatliche Neutralitätsgebot gebunden. Die Wahrung der öffentlichen Ordnung sei zwar ein legitimes Ziel. Doch das Kopftuch der Frau sei weder Ausdruck einer Respektlosigkeit noch verstosse es gegen die öffentliche Ordnung. Der Menschenrechtsgerichtshof sprach der Frau Schmerzensgeld in Höhe von 1000 Euro zu (1100 Franken). Gegen das Urteil ist Berufung möglich.
Initiative für Kopftuchverbot ungültig
In der Schweiz hat das Höchstgericht entschieden, dass die Initiative «für ein Verbot jeglicher Kopfbedeckung an Walliser Schulen» ungültig ist. Zuvor hatte bereits das Parlament des Kantons Wallis die Initiative Ende letzten Jahres für ungültig erklärt. Die konservative SVP, welche die Initiative lanciert hatte, legte beim Bundesgericht Beschwerde gegen diesen Entscheid ein. Das Höchstgericht begründete sein Urteil damit, dass der Zweck der Initiative zwar allgemein formuliert ist. Tatsächlich gehe es aber hauptsächlich um ein Verbot des Kopftuches. Dies hätten die Initianten selber eingeräumt. Ein Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen sei jedoch ein unverhältnismässiger Eingriff in die Religionsfreiheit.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine