Eine Million unnötige Abstriche der Gebärmutter
In fast keinem Land Europas hängt der Verdienst von Frauenärztinnen und Frauenärzten davon ab, wie viele Abstriche sie vornehmen, wie viele Gebärmütter sie operieren oder wie viele andere gynäkologische Untersuchungen sie machen. Anders in Deutschland und der Schweiz: Hier können Ärztinnen und Ärzte mit eigener Praxis mehr verdienen, wenn sie zu viel behandeln – mit allen Risiken für die betroffenen Patientinnen.
Abstrich alle drei Jahre genügt
Ein Beispiel dafür ist der Abstrich der Gebärmutter zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs (Pap-Test). Die zur Weltgesundheitsorganisation gehörende «Internationale Agentur für Krebsforschung» IARC empfiehlt den Frauen, bei normalem Befund drei bis fünf Jahre zu warten, bis sie erneut für einen Abstrich in eine Praxis gehen.
Trotzdem wird Frauen in Deutschland und in Österreich weiterhin empfohlen, den Pap-Test jährlich zu machen. Die Krankenkassen bezahlen ihn. Hingegen müssen in der Schweiz die Krankenkassen einen Abstrich nur alle drei Jahre übernehmen. Sogar die Interessenvertretung der Frauenärztinnen und Frauenärzte, die «Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe» SGGG empfiehlt ihren Mitgliedern, den Pap-Test zur Früherkennung nur jedes zweite oder dritte Jahr zu machen.
Über zwei Drittel lassen Pap-Test jährlich machen
Daran halten sich jedoch viele nicht: Unter dem Titel «Krebsprävention: Frauen werden zu häufig getestet» hat der «Tages-Anzeiger» über rund eine Million unnötige Abstriche» berichtet und sich auf eine Erhebung des Bundesamts für Gesundheit BAG gestützt. Danach führen Ärztinnen und Ärzte den Pap-Test bei 78 Prozent der 18- bis 24jährigen Frauen jedes Jahr durch, und bei zwei Dritteln der 25- bis 49-jährigen ebenfalls.
Da es über 2,5 Millionen Frauen im Alter von 21 bis 69 Jahre gebe, komme man auf eine Million unnötiger Abstriche pro Jahr. Allein die zytologische Untersuchung koste jedes Mal rund 70 Franken. Jedes Jahr könnten also Gesundheitskosten in Höhe von 70 Millionen Franken eingespart werden, wenn Abstriche nach einem guten Befund erst drei Jahre später wiederholt würden.
Chefarzt Daniel Surbek zeigt sich «überrascht»
Der «Tages-Anzeiger» zitiert Chefarzt Daniel Surbek, der bei der SGGP für die Qualitätssicherung zuständig ist. Er habe sich «überrascht» gezeigt und ermahnte die Gynäkologinnen und Gynäkologen, ihre Patientinnen korrekt zu informieren. «Viele Frauen empfinden den Abstrich als unangenehm und freuen sich, wenn sie ein oder zwei Jahre aussetzen können», meinte Surbek. Offensichtlich müsse sich vor allem etwas in den Köpfen der Frauenärzte ändern. Kein Wort davon, dass das Portemonnaie manchen Ärztinnen und Ärzten näher liegt als der Kopf.
Vergütungssystem für Ärzteschaft ist ein Tabu
Die Entschädigung jeder einzelnen Handlung einer Ärztin oder eines Arztes ist ein perverser Anreiz: Ein Arzt, der seine Patienten nicht gesund bekommt, erhöht mit den zusätzlich nötigen Behandlungen sein Einkommen. Ein erfolgreichee Ärztin dagegen, der nur das Sinnvolle macht und keinen unnötigen Schaden anrichtet, wird finanziell bestraft!
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine