Gerichte begünstigen Leihmutterschaft
Deutsche Gerichte sind tolerant, wenn mindestens ein Auftraggeber mit dem Kind einer Leihmutter genetisch verwandt ist. Sie begründen ihre Urteile mit dem Kindeswohl. Das Wohl der Leihmutter spielt meist keine Rolle.
«Familie nicht instrumentalisieren»
Zuletzt hat das Oberlandesgericht Celle ein Paar rechtlich als Eltern eines Kindes anerkannt, das in der Ukraine eine Leihmutter ausgetragen hatte. Leihmutterschaft ist in der Ukraine legal. Im Urteil des Oberlandesgerichtes heisst es, Leihmutterschaft sei in Deutschland zwar sittenwidrig. Das Wohl von Kind und Eltern gehe aber vor. Man dürfe eine Familie nicht als «Mittel zum Zweck» missbrauchen, um Leihmutterschaft unattraktiv zu machen. Eine Instrumentalisierung zur Abschreckung anderer Paare verstosse gegen den Schutz der Menschenwürde in der Verfassung (Aktenzeichen 17 W 8/16).
Wohl des Kindes
Das Gericht folgte damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Höchstgericht hatte vor drei Jahren die Elternschaft zweier Männer rechtlich anerkannt. Sie hatten das Kind von einer Leihmutter in Kalifornien austragen lassen, wo Leihmutterschaft legal ist. Einer der Männer ist mit dem Kind genetisch verwandt. Der Bundesgerichtshof begründete sein Urteil mit dem Kindeswohl. Diese Rechtsprechung «begünstige» die verbotene Leihmutterschaft meint die «Süddeutsche Zeitung».
Wohl der Leihmutter
Das Oberlandesgericht Braunschweig hingegen wich von dieser Rechtsprechung ab und verweigerte im Frühjahr die rechtliche Elternschaft für die Zwillingskinder einer Leihmutter. Es gehe nicht nur um das Wohl der Kinder, sondern auch um das Wohl der Leihmutter. Ein «finanzielles Gefälle» ermögliche es, die «körperlichen Gegebenheiten der Frauen» zu nutzen. Der deutsche Gesetzgeber habe den Schutz von Leihmüttern und Kindern bewusst über die Wünsche von Auftraggebern gestellt (Aktenzeichen: 1 UF 83/13). Ein solches Urteil sei eher die Ausnahme, schreibt die «Süddeutsche Zeitung».
Genetische Verwandtschaft
Ähnlich wie in Deutschland ist die Rechtsprechung auf europäischer Ebene. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vor drei Jahren Frankreich in zwei Fällen verpflichtet, Kinder rechtlich anzuerkennen, die Leihmütter im Ausland ausgetragen haben. Ähnlich entschied der Gerichtshof später in einem Fall aus Italien. Das Gericht begründete beide Urteile mit dem Kindeswohl.
Im Fall aus Italien war jedoch kein Elternteil mit dem Kind genetisch verwandt, das eine russische Leihmutter ausgetragen hatte. Aus diesem Grund verweigerte der Gerichtshof Anfang dieses Jahres im abschliessenden Urteil dem italienischen Paar die Elternschaft. Hingegen spielte das Wohl der Leihmutter in der Begründung keine Rolle.
Ähnliche Rechtsprechung
In der Schweiz ist Leihmutterschaft wie in Deutschland, Frankreich und Italien verboten. Die Rechtsprechung bei der Anerkennung der Kinder von Leihmüttern ist ähnlich. So hat das Höchstgericht vor zwei Jahren den biologischen Vater als Elternteil eines Kindes anerkannt, das eine ausländische Leihmutter geboren hatte.
Im Fall von zwei Leihmutter-Kindern, die genetisch nicht mit den Auftraggebern verwandt sind, hat das Bundesgericht die Anerkennung der Elternschaft verweigert.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine