Amnesty: Exodus nach Votum zur Prostitution
Das höchste Entscheidungsgremium von Amnesty International hat beschlossen, die Legalisierung der freiwilligen Prostitution, der Zuhälterei und von Bordellen zu empfehlen. Mit dem Beschluss des «Internationalen Rates» ist eine lange Kontroverse innerhalb der Menschenrechtsorganisation zu Ende gegangen. Generalsekretär Salil Shetty sagte, Amnesty könne sich nun weltweit besser für den Schutz der Menschenrechte von Prostituierten einsetzen. Das Ziel sei weniger Diskriminierung, Gewalt und Missbrauch.
Kritik
Vor der Abstimmung hatte das Bündnis «Koalition gegen Frauenhandel» in einem offenen Brief vor der Legalisierung der Prostitution gewarnt. Diese öffne alle Schleusen, um Frauen auszubeuten. Sarah Bansom unterstützt in Dublin Frauen, die als Prostituierte missbraucht wurden: «Wir sind tief enttäuscht, dass Amnesty nicht auf den Rat zahlreicher Gruppen aus der ganzen Welt gehört hat – insbesondere nicht auf die vielen Frauenorganisationen und auf jene Prostituierten, die Missbrauch überlebt haben.»
Hunderte ausgetreten
Aus Protest haben in Schweden hunderte Mitglieder die Menschenrechtsorganisation verlassen, berichtet das englischsprachige schwedische Internetmagazin «The Local». Anna Lindenfors, Generalsekretärin von Amnesty Schweden, hielt in einer Erklärung fest, dass die Entkriminalisierung die Menschenrechtsverletzungen in der Prostitution nicht reduzieren werde. Amnesty Schweden werde deshalb die Legalisierung der Prostitution nicht empfehlen. Schweden hat 1999 weltweit als erstes Land den Kauf sexueller Dienstleistungen verboten. Bestraft werden nur die Freier.
Menschenhandel hinter «legalem Schein»
Einig sind sich Kritikerinnen und Amnesty, dass Sexarbeitende selber nicht strafrechtlich verfolgt werden dürfen. Hingegen ist umstritten, ob es eine freiwillige Prostitution gibt und ob diese von Zwangsprostitution unterschieden werden kann. In Deutschland ist Prostitution bereits legal. Welche Folgen dies für Zwangsprostituierte hat, zeigte eine Reportage des ZDF-Auslandsjournals. Danach trauen sich die wenigsten Opfer von Menschenhandel, der Polizei in Deutschland zu sagen, dass sie zur Sexarbeit gezwungen werden. Der Polizei sind damit bei Kontrollen die Hände gebunden. Ein Rekrutierungsgebiet für Frauenhändler ist Rumänien, eines der ärmsten Länder in Europa. Adrian Petrescu von der Rumänischen Sondereinheit für Menschenhandel sagt: «Solange Prostitution in Deutschland und anderen Ländern legal ist, können wir wenig ausrichten. Wir wollen die deutsche Polizei ja nicht beschuldigen, aber es braucht einfach viel Zeit um den Menschenhandel aufzudecken, der sich hinter dem legalen Schein verbirgt.»
«Viele wollen nicht hinschauen»
Die Psychologin Iana Matei leitet in Rumänien ein Schutzhaus für traumatisierte Minderjährige, die Frauenhändlern entfliehen konnten. Sie sagt, die Mädchen stammten meist aus zerrütteten Familien. Ein junger Mann verspreche ihnen einen Job im Ausland. Noch in Rumänien würden sie vergewaltigt, erniedrigt und eingeschüchtert. Matei: «Einmal zum Sex gezwungen, ordnen sie sich meist ein Leben lang der Sexindustrie unter.» Viele Länder wollten nicht hinschauen. «Wenn man das Problem nicht sehen will, ist es auch nicht da.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine