Frankreich: Freier-Bestrafung bleibt umstritten
Das Gesetz kommt deshalb erneut vor den Senat. Das letzte Wort wird danach die Nationalversammlung haben. Es ist jedoch offen, ob es überhaupt dazu kommen wird.
Zeit wird knapp
Der Senat hatte die erste Debatte über ein Jahr lang hinausgezögert. Wenn er nun wieder so viel Zeit verstreichen lasse, könne das Gesetz möglicherweise nicht mehr vor dem Ende der Legislatur 2017 definitiv beschlossen werden, sagte der grüne Abgeordnete Sergio Coronado gegenüber «France Inter». Der Gesetzesentwurf werde dann hinfällig. Diese Wahrscheinlichkeit sei gross. Die Ministerien würden das Gesetz wie eine «heisse Kartoffel» hin und her schieben. Niemand wolle dieses Gesetz wirklich.
Parlamentskammern uneinig
Die Nationalversammlung hatte das «Gesetz gegen das System der Prostitution» und damit die Freier-Bestrafung Ende 2013 angenommen. Danach sollen Prostituierte entkriminalisiert und Freier kriminalisiert werden. Für den Kauf sexueller Dienstleistungen ist eine Geldbusse von maximal 1500 Euro (1600 Franken) vorgesehen. Erst in diesem Frühjahr hat der Senat, der seit letzten Herbst von der konservativen Opposition dominiert wird, diesen Passus gestrichen.
Unterschiedliche Gesetze
Die Frage, ob der Staat Freier bestrafen oder im Gegenteil die Prostitution legalisieren soll, ist umstritten. Die rechtlichen Regelungen sind entsprechend unterschiedlich. Bisher haben Schweden, Norwegen, Island und Kanada den Kauf sexueller Dienstleistungen verboten. Bestraft werden nur die Freier.
In Deutschland ist Prostitution eine legale Erwerbsarbeit. Nun will die Regierungskoalition mit einer Reform des Prostitutionsgesetzes Opfer von Zwangsprostitution schützen, ohne die Prostitution als legale Erwerbsarbeit in Frage zu stellen. Dies hat unter Frauenorganisationen eine Kontroverse ausgelöst. Die Befürworterinnen eines Verbotes des Kaufs sexueller Dienstleistungen nach nordischem Vorbild argumentieren, dass freiwillige Prostitution nicht von Zwangsprostitution zu trennen ist. Die Gegnerinnen sagen, dass ein Verbot die Lage derjenigen Prostituierten massiv verschlechtern würde, die aus freier Entscheidung tätig seien.
In der Schweiz lehnt die Regierung ein Verbot der Prostitution ab. Der Bundesrat schreibt in seiner Antwort auf verschiedene Vorstösse im Parlament, dass ein Verbot «primär zu einer Strafverfolgung der Prostituierten und Verdrängung in den Untergrund» führe. Die Regierung schlägt Massnahmen vor, um Prostituierte und Opfer von Zwangsprostitution besser zu schützen. Die meisten Massnahmen müssten die Kantone umsetzen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine