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Maude Olivier (links) und Justizministerin Christiane Taubira wollen Freier kriminalisieren. © PS

Freier-Bestrafung aus Gesetz gestrichen

/  In Frankreich hat eine Parlamentskommission die Kriminalisierung der Freier knapp abgelehnt. Sie ist auch in der Regierungspartei umstritten.

Das «Gesetz gegen das System der Prostitution» sieht vor, dass Prostituierte entkriminalisiert und Freier kriminalisiert werden. Für den Kauf sexueller Dienstleistungen ist eine Geldbusse von maximal 1500 Euro (1800 Franken) vorgesehen. Die Nationalversammlung hatte das Gesetz und damit die Freier-Bestrafung Ende 2013 angenommen. Doch die zuständige Kommission des Senates strich die Freier-Bestrafung im Sommer mit knapper Mehrheit aus dem Gesetz, berichtet «Le Monde».
Freier-Bestrafung bleibt möglich
Der Senat wird voraussichtlich im Herbst entscheiden. Danach muss das Gesetz erneut in die Nationalversammlung. Es ist deshalb immer noch möglich, dass Frankreich nach schwedischem Vorbild den Kauf sexueller Dienstleistungen verbietet. Die Sozialistin Maud Olivier, Berichterstatterin für das Gesetz im Nationalrat: «Die Abgeordneten im Nationalrat werden die Bestrafung der Kunden sicher wieder auf die Tagesordnung setzen. Sonst wäre das ein Gesetz, das keinen Sinn macht.»
Zweifel in Regierungspartei
Esther Benbassa, grüne Senatorin und Gegnerin der Freier-Bestrafung, geht davon aus, dass der Kauf sexueller Dienstleistungen in Frankreich nicht verboten wird. Es gebe auch innerhalb der sozialistischen Regierung Zweifel. Justizministerin Christiane Taubira hatte während einer Anhörung der Senatskommission Bedenken geäussert, dann aber an die Abgeordneten appelliert, das Herzstück des Gesetzes nicht zu kippen. Jean-Pierre Godefroy, Präsident der zuständigen Senatskommission, findet das Gesetz nicht kohärent. «Auf der einen Seite schaffen wir den Straftatbestand des Kundenfangs ab und lassen damit Prostitution zu. Auf der anderen Seite wollen wir die Leute bestrafen, die sexuelle Dienste in Anspruch nehmen. Das ist unverständlich.» Andere Mitglieder der Regierungspartei befürchten, dass die Polizei das Verbot kaum durchsetzen kann.
Unterschiedliche Gesetze
Die Frage, ob der Staat Freier bestrafen oder im Gegenteil die Prostitution legalisieren soll, ist umstritten. Die rechtlichen Regelungen sind entsprechend unterschiedlich. Bisher haben Schweden, Norwegen und Island den Kauf sexueller Dienstleistungen verboten. Bestraft werden nur die Freier. In Kanada entscheidet das Parlament demnächst über ein solches Verbot.
Umstrittene Freiwiligkeit
Die Befürworterinnen eines Verbotes argumentieren, dass es keine freiwillige Prostitution gibt. Alle Prostituierten seien Opfer von Zuhältern und Menschenhändlern. Der Staat müsse deshalb bei den Freiern ein Unrechtsbewusstsein schaffen, Zuhälter bestrafen und Prostituierte beim Ausstieg unterstützen.
Die Gegnerinnen eines Verbotes argumentieren, dass es eine freiwillige Prostitution gibt und strafrechtliche Regelungen das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung verletzen. Der Staat müsse deshalb die rechtliche Diskriminierung von Sexarbeiterinnen beenden und sie mit anderen Erwerbstätigen gleichstellen.


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