«Du erträgst es, wie ein Tier oder Objekt behandelt zu werden», ist eine Anforderung für die Stelle im fiktiven Inserat. © stuttgart-sagt-stopp.de

Praktikumsstelle im Bordell

fs /  Ein fiktives Angebot im üblichen Jargon von Stelleninseraten macht klar: Prostitution ist kein Job wie jeder andere.

Das Stellenangebot des fiktiven Bordells «La Perte» ist Teil der Kampagne «Für eine Schweiz ohne Freier». Initiantinnen sind die Frauenzentrale Zürich und der Verein Heartwings, der Frauen beim Ausstieg aus der Prostitution unterstützt. Der Inhalt des Stelleninserates basiert auf Aussagen von ehemaligen Prostituierten.

«Was dich erwartet»
Im Inserat heisst es: «Das ‘La Perte’ sucht eine Praktikantin, die bereit ist, alles aufzugeben.» Als Arbeitszeit werden «ca. 140%» genannt. «Was dich erwartet: Die Möglichkeit, Körper und Leben routinemässig gegen Geld zu verkaufen. Viel Kundenkontakt: Bis zu 10 Männer in einer Schicht. Nervenkitzel: Frauen in diesem Beruf haben ein 9-mal höheres Risiko vergewaltigt zu werden. Finanzieller Druck und Abhängigkeit: Lediglich 30 Prozent der Angestellten können ihren Verdienst behalten. Du wirst nicht dazu gehören. Grosse Verantwortung für die Erfüllung aller Kundenwünsche, inklusive des Bordellbesitzers. Ungeschützter Geschlechtsverkehr ist ebenfalls eingeschlossen.»

«Was du mitbringst»
Der Job sei für Frauen, die in Not sind und keine Alternative haben. Voraussetzung sei «überdurchschnittlich hohe Belastbarkeit und Stressresilienz: Du erträgst es, wie ein Tier oder Objekt behandelt zu werden. Gewalterfahrungen sind alltäglich.» Erwartet werden grenzenlose Loyalität: «Unser ganzes Personal und die Hausverwaltung verdienen an dir.»

«Was wir dir bieten»
Das «La Perte» biete der Praktikantin eine enge Gemeinschaft: «Du teilst dein Zimmer mit bis zu acht anderen Frauen.» Für Besonderheiten wie Tätowierungen Schwangerschaft oder kindliche Züge gebe es «Bonuszahlungen». Der Job sorge für unvergessliche Erinnerungen: «Sie werden dich ein Leben lang verfolgen. Posttraumatische Belastungsstörungen sind in der Branche ähnlich weit verbreitet wie bei Kriegsveteranen.» Und der Job biete «Aussichtslosigkeit: Über 89 Prozent deiner künftigen Kolleginnen wollen raus aus diesem Job. Kaum einer gelingt es.»
Das Inserat endet mit einer Warnung: «Achtung: Während deines Praktikums wirst du Erfahrungen machen, die sich von allen anderen unterscheiden. ‘La Perte’ übernimmt keine Verantwortung für erhöhten Drogenkonsum oder Suizidgedanken.»

«Prostitution ist Gewalt an Frauen»
Prostitution sei keine freie Entscheidung, sondern Gewalt an Frauen, schreiben die Frauenzentrale und Heartwings. Das Sexgewerbe generiere in der Schweiz geschätzt einen jährlichen Umsatz von mehreren Milliarden Franken. Die Prostituierten seien meist Migrantinnen. «Armut, Perspektivlosigkeit und Zuhälter drängen diese Frauen in die Prostitution.» Prostitution sei keine Arbeit wie jede andere: «Prostitution ist das Produkt eines patriarchalen Systems, in dem Männer sich den Zugang zum Körper einer Frau kaufen können», sagt Jael Schwendimann vom Verein Heartwings. «Es kann doch nicht sein, dass man sich einfach eine Frau kaufen gehen kann, wenn man Lust hat.» Die Frauenzentrale und Heartwings fordern, den Kauf von Frauenkörpern zu verbieten und Freier zu bestrafen.

«Unvereinbar mit der Menschenwürde»
Gegen ein solches Verbot kämpft die Lobby der Zuhälter und Menschenhändler. Kürzlich hat sie vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Niederlage erlitten. Dieser hat in letzter Instanz eine Klage gegen die Bestrafung der Freier in Frankreich abgewiesen. Das Urteil gilt als bahnbrechend.
In Frankreich ist der Kauf von Frauenkörpern seit 2016 verboten. Die Prostituierten bleiben straffrei. Frankreich verstosse damit nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, entschied das mit vier Richterinnen und vier Richtern besetzte Gericht. Laut der Uno-Menschenrechtskonvention von 1949, die Frankreich ratifiziert hat, sei Prostitution «unvereinbar mit den Menschenrechten und der Menschenwürde».
Vorbild für das Verbot des Kaufs von Frauenkörpern in Frankreich war Schweden, das seit über zwanzig Jahren Freier kriminalisiert (Nordisches Modell). Norwegen, Island, Irland, Israel und Kanada gehören mit Frankreich zu den wenigen Ländern, die bisher diesem Vorbild folgten.
In der Schweiz, Deutschland und Österreich gilt Prostitution als Erwerbsarbeit.

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