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Hinter dem «Centre National» und dem Telefon verstecken sich Abtreibungsgegner © ss

Abtreibungsgegner haben im Internet die Nase vorn

Barbara Marti /  Wer sich im Internet über Abtreibung informieren will, gerät mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Seite von Abtreibungsgegnern.

Ungewollt Schwangere suchen häufig erste Hilfe im Google. Dort stossen sie zuoberst auf scheinbar «neutrale» Webseiten, die aber von fundamentalen Abtreibungsgegnern betrieben werden – häufig ohne dass dies deklariert ist. Das hat die Nachrichtenagentur AFP aufgedeckt.

Beste Domainnamen gesichert
Im Rennen um die besten Domainnamen waren die Abtreibungsgegner auch in Deutschland und in der Schweiz erfolgreich und haben sich abtreibung.de und abtreibung.ch gesichert. «Abtreibung.ch» leitet direkt auf die Seite «Ja-zum-Leben-Bern.ch» um. Dort ist wenigstens rasch ersichtlich, wer dahinter steckt.
Wer bei Google das Suchwort «Abtreibung» eingibt, stösst auf zahlreiche weitere Seiten von Abtreibungsgegnern wie proleben.de, lebensgeschichten.org, mamma.ch, privatsache.ch, und nein-zu-abtreibung.ch.
Anders in Österreich: Dort waren die Ambulatorien, die Abtreibungen vornehmen, schneller als die Abtreibungsgegner. Die griffige Adresse abtreibung.at gehört dem Ambulatorium Gynmed in Wien. Wer bei Google nach «Abtreibung» sucht, findet zuerst die Seiten der Ambulatorien.

Abtreibungsgegner verbergen sich
Die Abtreibungsgegner verstecken sich auf ihren Seiten. Wer sie tatsächlich betreibt, ist auch in einschlägigen Rubriken (Wer sind wir) oft nicht ersichtlich und nur mit aufwändiger Suche herauszufinden. In Frankreich steht sogar häufig das Wort «national» im Namen, um einen offiziellen Charakter vorzugaukeln. Die Seiten der Abtreibungsgegner seien irreführend, aber nicht illegal, sagt die französische Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem.

Mutterschaft verherrlicht
Inhaltlich werde auf den Seiten der französischen Abtreibungsgegner nicht ausdrücklich von einem Schwangerschaftsabbruch abgeraten, schreibt AFP. Es gebe aber auch keine Informationen darüber, wo eine Frau abtreiben könne. Stattdessen werde die Mutterschaft verherrlicht und vor schweren psychischen Folgen einer Abtreibung gewarnt. Mit «Studien» und Aussagen von «Zeuginnen» würden Frauen vor schweren Schäden gewarnt. So sagt auf ivg.net die 18 Jahre alte Magalie: «Mein Schmerz wird jeden Tag grösser. Wenn ich zurück könnte, würde ich das Kind behalten.»

Neue Taktik der Abtreibungsgegner
Über die Webseite ivg.net, die laut AFP der christliche Fundamentalist René Sentis betreibt, ist eine Hotline für Hilfe suchende Frauen erreichbar. Die 29-jährige Jennie machte damit ganz schlechte Erfahrungen: Die Fragen ihrer angeblichen Beraterin hätten sie extrem aufgewühlt. Gegenüber AFP sprach sie von «Gehirnwäsche». Sie forderte Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem auf, eine staatliche Seite mit allen Informationen zum Schwangerschaftsabbruch aufzuschalten.
Laut Marie-Laure Brival von der «Association des centres d’interruption de grossesse» haben die Abtreibungsgegner eine «heimtückische» neue Taktik. Mit ihrer Desinformation im Internet würden sie Frauen den Zugang zu einer Abtreibung mehr erschweren als mit provokativen Protesten auf der Strasse. Ihren Kampf hätten die Abtreibungsgegner ins Internet verlegt, um Abtreibungen direkt zu bekämpfen. Sie glaubten nicht mehr daran, die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs rückgängig machen zu können.


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