Belgien will Abtreibung entkriminalisieren
In Belgien ist ein Schwangerschaftsabbruch eine Straftat, die jedoch innerhalb einer Frist von 12 Wochen nach der Empfängnis unter bestimmten Bedingungen straffrei bleibt. Mit diesem Widerspruch will die Regierung Schluss machen und den Schwangerschaftsabbruch als Tatbestand aus dem Strafgesetzbuch streichen. Er soll in einem neuen Gesundheitsgesetz als «medizinische Behandlung» wie andere körperliche Eingriffe geregelt werden. «Das ist keine Handlung, die einen Straftatbestand erfüllen sollte», sagte Olivier Maingain, Abgeordneter der liberalen DéFi-Partei, gegenüber «euronews».
Zustimmung der Bevölkerung
Die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs soll dessen Stigmatisierung beenden. Sie ist im belgischen Parlament seit längerem ein Thema. Vorschläge aus Oppositionsparteien wurden jedoch bisher von der Regierung nicht aufgenommen. Nachdem aus einer grossen Umfrage hervorging, dass die Mehrheit der Bevölkerung einer Entkriminalisierung zustimmt, ist die Regierung umgeschwenkt. Das Parlament soll noch vor der Sommerpause im Juli über die Entkriminalisierung entscheiden. Es wird eine Mehrheit erwartet.
Gesundheitsrecht statt Strafrecht
Fristenregelungen sind in den meisten Ländern im Strafrecht geregelt, so auch in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich. Erst wenige dieser Länder haben laut dem «Guardian» den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafrecht gestrichen: Luxemburg 2014 und Frankreich 2015. Hier ist eine Abtreibung nur noch eine Straftat, wenn sie ohne Einwilligung der Frau erfolgt. Alles andere ist im Gesundheitsgesetz geregelt. In Grossbritannien hat das Parlament letztes Jahr einen überparteilichen Vorstoss zur Entkriminalisierung angenommen. Auch alle grossen medizinischen Verbände haben zugestimmt. Der Vorstoss ist allerdings unverbindlich und die Regierung hat ihn schubladisiert.
Lautstarke Abtreibungsgegner
Die Entkriminalisierung stärkt das Recht der Frauen, selber über ihren Körper zu bestimmen. Dieses Recht attackieren Abtreibungsgegner seit Jahrzehnten lautstark. Parlamentsmitglieder aus europäischen Ländern haben kürzlich ein geheimes Netzwerk aufgedeckt, das europaweit Verhütung, Abtreibung und Scheidung verbieten will. Die antiliberale Lobby-Organisation hat bereits in europäischen Institutionen Fuss gefasst und beansprucht erste Erfolge für sich.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine