abung1

Frauen sprechen öffentlich über ihre Emotionen rund um ihren Entscheid für eine Abtreibung. © SYA

Frauen enttabuisieren Abtreibung

fs /  Frauen sprechen öffentlich über ihre Abtreibung. Das soll Abtreibungsgegnern den Kampf gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frauen erschweren.

Samie Detzer erzählt in einer neuen Video-Serie wie sie sich nach ihrem Schwangerschaftsabbruch fühlte: Sie sei weder traurig, wütend, verletzt noch verlassen gewesen. Und sie habe nicht bereut. Kelly Kerry erzählt von einer Abtreibung, die sie vor dreissig Jahren im Alter von 16 Jahren hatte. Das einzige, was sie heute bereue sei, dass sie sich die folgenden Jahre schlecht gefühlt habe, weil die Gesellschaft von ihr erwartet habe, dass sie ihren Entscheid bereue. Das sei aber nie der Fall gewesen. Der Abbruch sei die beste Entscheidung in ihrem Leben gewesen. Lindy West sagt, sie sei vor fünf Jahren in einer schlechten Beziehung gewesen und habe damals keine Familie gründen wollen. Sie sei dankbar, dass sie abtreiben konnte, und schäme sich nicht.

#ShoutYourAbortion
Die Video-Serie basiert auf den Erlebnissen, die tausende Frauen unter dem Hashtag #ShoutYourAbortion geteilt haben. Die meisten erzählen von den Emotionen rund um ihren Entscheid für eine Abtreibung. Sie berichten von Glücksgefühlen, Erleichterung, aber auch vom Gefühl, mit dem Erlebten allein zu sein, und vom sozialen Druck, Schuldgefühle haben zu müssen, obwohl keine Schuldgefühle da sind. Die geschilderten Erlebnisse sollen Frauen stärken, Abtreibung enttabuisieren und Abtreibungsgegnern den Kampf erschweren, sagte Amelia Bonow, Mitgründerin der Kampagne #ShoutYourAbortion, in der «New York Times». Die lauten Abtreibungsgegner hätten Frauen zu lange übertönt.

Morddrohungen
In den USA, wo Abtreibungsgegner das Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren Körper aggressiv bekämpfen, hat die Kampagne unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Viele äusserten sich erleichtert, dass Abtreibung enttabuisiert werde. Andere sprachen von «Baby-Mörderinnen». Die Kommentarfunktionen mussten teilweise deaktiviert werden. Die mutigen Frauen, die ihre Erlebnisse veröffentlichten, erhielten auch Todesdrohungen. #ShoutYourAbortion- Mitgründerin Amelia Bonow musste deshalb vorübergehend den Wohnort wechseln.

«Wir haben abgetrieben»
Das Storytelling über Abtreibung ist nicht neu. Im deutschsprachigen Raum brach erstmals 1971 der «Stern» das Tabu. Unter der Schlagzeile «Wir haben abgetrieben» behaupteten fast 400 Frauen öffentlich, ihre Schwangerschaft abgebrochen und damit gegen das damals geltende Verbot verstossen zu haben. Initiantin Alice Schwarzer schrieb mit dieser Aktion Frauengeschichte. In Deutschland haben Frauen mittlerweile das Recht, eine Schwangerschaft abzubrechen. Sie müssen sich aber vorher beraten lassen. In der Schweiz und in Österreich ist die Rechtslage ähnlich. Frauenrechtsaktivistinnen fordern seit langem, diese Pflichtberatung vor einem Schwangerschaftsabbruch abzuschaffen.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

IBAN: CH 0309000000604575581