Hebamme droht jahrzehntelange Haft
In den USA eskalieren die Angriffe auf das Recht auf Abtreibung. Im Bundesstaat Texas wurde die Hebamme Maria Margarita Rojas kürzlich verhaftet. Der erzkonservative Generalstaatsanwalt Ken Paxton wirft ihr vor, illegale Abtreibungen mit der Abtreibungspille und medizinische Eingriffe ohne ärztliche Zulassung vorgenommen zu haben. Die Verhaftung begründete er damit, dass in Texas das Leben «heilig» sei.
20 Jahre Haft
Medizinische Eingriffe ohne ärztliche Zulassung können in Texas mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bestraft werden. Für einen Schwangerschaftsabbruch drohen bis zu 20 Jahre Haft. Die feministische Stiftung «Feminist Majority Foundation» schrieb, die Verhaftung der Hebamme sei ein «rücksichtsloser Angriff auf die körperliche Autonomie von Frauen und eine harte Warnung an diejenigen, die es wagen, Frauen eine Abtreibung zu ermöglichen».
Höhere Müttersterblichkeit
Seit der Oberste Gerichtshof der USA vor fast drei Jahren das landesweite Recht auf Schwangerschaftsabbruch gekippt hat, überbieten sich konservative Bundesstaaten mit immer restriktiveren Gesetzen. Texas gilt als Vorreiter. Das texanische Gesetz verbietet Abtreibungen selbst bei Inzest und Vergewaltigung. Enge Ausnahmen gibt es nur bei Lebensgefahr. Diese gelten jedoch als vage und unzureichend definiert. Lebensrettende Massnahmen werden deshalb oft nicht oder zu spät ergriffen, wie bekannt gewordene Fälle zeigen. Denn Ärztinnen und Ärzte fürchten jahrelange Haftstrafen, wenn sie eine Abtreibung vornehmen, die möglicherweise gegen das Gesetz verstösst.
Die Müttersterblichkeit in Texas werde nun weiter steigen, befürchtet die «Feminist Majority Foundation». Schon jetzt habe Texas eine der höchsten Raten im Land. «Wenn Angehörige der Gesundheitsberufe gezwungen sind, das Risiko einer Inhaftierung gegen die Versorgung ihrer Patientinnen abzuwägen, verlieren Schwangere den Zugang zu lebenswichtiger, manchmal lebensrettender medizinischer Hilfe.»
Druck auf Tech-Unternehmen
Texas will Hilfesuchenden auch den Zugang zu Informationen weiter erschweren. Reaktionäre Politiker schlagen ein Gesetz vor (SB 2880), das landesweite Auswirkungen haben könnte. Das Gesetz soll es Privatpersonen ermöglichen, Tech-Unternehmen für alles zu verklagen, was mit Abtreibung zu tun hat. Dies könnten zum Beispiel Webseiten mit Informationen für Hilfesuchende sein oder Zahlungsdienste. Ziel sei eine abschreckende Wirkung auf Tech-Unternehmen, schreibt die feministische Autorin Jessica Valenti. Für diese soll es rechtlich zu riskant und zu teuer werden, Inhalte zum Thema Abtreibung und einschlägige Dienstleistungen überhaupt zuzulassen.
Seit dem Amtsantritt von Donald Trump zensieren Social Media wie Instagram, TikTok und X solche Informationen bereits freiwillig. Valenti: «Wenn man sieht, wie bereitwillig die Plattformen bereit sind, uns zu zensieren, kann man sich vorstellen, wie viel schneller sie unter gesetzlichem Druck einlenken werden.» Valenti dokumentiert seit fast drei Jahren auf ihrem Blog «Abortion, every day» alle Nachrichten aus den US-Bundesstaaten zum Thema Abtreibung. Nun macht sie sich Gedanken darüber, was mit ihrem Blog geschehen soll, wenn die Tech-Unternehmen einknicken. Sie erwäge, dann auf Briefpost umzustellen, schreibt Valenti. Sie wolle sich nicht zum Schweigen bringen lassen.