Abtreibungsgegner fordern ein Verbot der Abtreibungspille. Social Media – wie hier Instagram – zensieren bereits einschlägige Informationen. © AidAccess

Trump begnadigt verurteilte Abtreibungsgegner

fs /  In den USA sind 23 radikale Abtreibungsgegner wieder auf freiem Fuss. Sie können nun hilfesuchende Frauen angreifen, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen.

Die Abtreibungsgegner waren wegen Angriffen auf Abtreibungskliniken zu Haftstrafen von bis zu fünf Jahre verurteilt worden. Sie waren in Kliniken eingedrungen und hatten Personal und Patientinnen terrorisiert. Hilfesuchende Frauen hatten sie gewaltsam am Betreten der Kliniken gehindert. 

Betroffene in Lebensgefahr
In Michigan war eine Frau betroffen, die wegen einer Schwangerschaftskomplikation in Lebensgefahr schwebte. In der Hauptstadt Washington musste eine Frau durch ein Fenster in die Klinik klettern. Einer anderen Frau verweigerten Abtreibungsgegner den Zutritt, selbst nachdem sie vor Schmerzen zusammengebrochen war. In New York zerquetschte ein Abtreibungsgegner die Hand eines Klinikmitarbeiters in einer Türe, berichtete Jessica Valenti. Die feministische Autorin dokumentiert seit fast drei Jahren auf ihrem Blog «Abortion, every day» alle News aus den US-Bundesstaaten zum Thema Abtreibung. 

Trump ermutigt Abtreibungsgegner
Es sei ihm «eine grosse Ehre», diese Abtreibungsgegner zu begnadigen, sagte Trump. Sie hätten nicht strafrechtlich verfolgt werden dürfen. Viele von ihnen seien ältere Menschen. Die Begnadigungen erfolgten kurz vor dem jährlichen «March for Life», einer Grossdemonstration von Abtreibungsgegnern. Dort sagte Trump, dass alle, die Patientinnen belästigen oder Kliniken angreifen, «nie wieder von der Regierung verfolgt werden». Das Bundesgesetz, das die Blockade von Kliniken verbietet, soll nur noch bei Mord angewendet werden. 
Die Aufhebung des Schutzes für Kliniken sei eine «beispiellose» Ermutigung für extremistische Demonstranten, schrieb Valenti. Landesweit könnten Abtreibungsgegner nun ungehindert hilfesuchende Frauen und Ärzte vor Kliniken terrorisieren. 

Trump bekennt Farbe
Umfragen zufolge ist eine deutliche Mehrheit der US-Bevölkerung dafür, dass Frauen innerhalb einer bestimmten Frist selbst über ihren Körper bestimmen und eine Schwangerschaft abbrechen können. Trump hatte sich im Wahlkampf nicht oder nur zurückhaltend zum Abtreibungsrecht geäussert. Kaum im Amt, begnadigte er nicht nur verurteilte Abtreibungsgegner, sondern liess auch Informationen zum Schwangerschaftsabbruch von der Webseite des Gesundheitsministeriums löschen. 

Höhere Hürden für Schwangerschaftsabbruch 
Trump hob auch zwei Dekrete seines Vorgängers auf. Diese sicherten den Zugang zur Abtreibungspille und erleichterten es Frauen, für einen Schwangerschaftsabbruch in einen liberaleren Bundesstaat zu reisen. Joe Biden hatte die beiden Dekrete erlassen, nachdem die konservative Mehrheit des Obersten Gerichtshofes 2022 das nationale Recht auf Abtreibung aufgehoben hatte. Seitdem entscheiden die Bundesstaaten. Einige republikanisch regierte Staaten haben Schwangerschaftsabbrüche inzwischen fast vollständig verboten – auch bei Vergewaltigung oder Inzest. Für Betroffene in diesen Bundesstaaten sind die Reise in einen liberaleren Bundesstaat oder die Abtreibungspille die verbliebenen Optionen.

Zugang zu Informationen erschwert
Abtreibungsgegner gehen deshalb nun gegen beides vor. Eine Klage gegen die Zulassung der Abtreibungspille durch die zuständige Behörde FDA hat das Höchstgericht letzten Sommer zwar abgewiesen. Doch für hilfesuchende Frauen wird es immer schwieriger, an einschlägige Informationen zu kommen. Nicht nur Behörden, auch Technologiekonzerne wie Meta machen dies Frauen schwer. Seit dem Urteil des Obersten Gerichtshofes zensieren sie verstärkt Informationen über Schwangerschaftsabbrüche, wie eine Untersuchung von Amnesty International im vergangenen Sommer zeigte.

Zensur in Social Media
Betroffen sind insbesondere Informationen über die Abtreibungspille und die Unterstützung von Reisen in liberalere Bundesstaaten. Anbieter der Abtreibungspille wie «Aid Access» und «Hey Jane» tauchen in Suchanfragen und Empfehlungen nicht mehr auf. Ihre Seiten sind blockiert, Informationen unleserlich oder ausgeblendet. Als die «New York Times» Anfang dieses Jahres nachfragte, entschuldigte sich Meta halbherzig und aktivierte einige Posts und Konten wieder. Die Zensur von Inhalten widerspricht der Ankündigung von Meta-Chef Mark Zuckerberg, die Meinungsfreiheit auf seinen Plattformen zu fördern. «Angesichts der jüngsten Versprechen von Meta in Bezug auf die Meinungsfreiheit sind wir unglaublich enttäuscht darüber, wie die Plattform unsere Meinungsfreiheit einschränkt», sagte Rebecca Davis von «Hey Jane» der «New York Times». 

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