Volk entscheidet über Abtreibungsverbot
In Irland plant die konservative Regierungspartei Fine Gael eine Fristenregelung. Voraussetzung ist eine Verfassungsänderung und damit eine Volksabstimmung. Falls das Volk das faktische Abtreibungsverbot aus der Verfassung streicht, soll der Schwangerschaftsabbruch in den ersten 12 Wochen erlaubt werden. Premierminister Leo Varadkar (Fine Gael) und Oppositionsführer Micheál Martin (Fianna Fáil) empfehlen, den Verfassungsartikel zu streichen.
Schwindender Einfluss der Kirche
Der Widerstand gegen eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts war in Irland jahrzehntelang gross. Doch die katholische Kirche habe nach mehreren Missbrauchs-Skandalen an Einfluss verloren, schreibt der «Guardian». So haben die Stimmberechtigten vor drei Jahren mit grosser Mehrheit die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert. Es war weltweit die erste Volksabstimmung zu diesem Thema. Die Abstimmung über das Abtreibungsverbot gilt als letzte Möglichkeit für die katholische Kirche, eine liberale Entwicklung der Gesellschaft rückgängig zu machen.
Abtreibungsverbot
In Irland schreibt die Verfassung seit 1983 ein gleiches Recht auf Leben für einen Embryo und die Mutter vor. Faktisch entspricht dies einem totalen Abtreibungsverbot, selbst nach einer Vergewaltigung oder bei einer Fehlbildung des Fötus. Tausende Frauen reisen deshalb jedes Jahr für eine Abtreibung ins Ausland. Als vor einigen Jahren eine Frau an einer Blutvergiftung starb, weil ihr in Irland eine Abtreibung verwehrt worden war, lockerte die damalige Regierung das Abtreibungsverbot. Seither sind Abtreibungen erlaubt, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist.
Druck auf Regierung
Aktivistinnen machten Druck, das Abtreibungsverbot weiter zu lockern. Druck kam auch von aussen: Vor zwei Jahren kam der Menschenrechtsausschuss der Uno zum Schluss, dass das strenge irische Abtreibungsrecht Frauen diskriminiert, ihnen schweres Leid zufügt und ihre Menschenrechte verletzt.
Strafbare Informationen für Frauen
Auch in anderen Ländern steht das Selbstbestimmungsrecht der Frauen zur Debatte:
- In Deutschland ist letztes Jahr erstmals eine Frauenärztin verurteilt worden, weil sie auf ihrer Homepage informiert, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Mittlerweile sind weitere Gynäkologinnen aus demselben Grund angeklagt worden.
- In Polen sind Schwangerschaftsabbrüche nur bei unmittelbarer Gefahr für die Gesundheit der Mutter, Inzest oder nach einer Vergewaltigung erlaubt und bei schwerst geschädigten Föten. Vorletztes Jahr ist eine Verschärfung dieses strengen Rechts am Widerstand von Aktivistinnen gescheitert. Nun liegt dem Parlament ein Gesetzesentwurf vor, der Abtreibungen auch bei missgebildeten Föten verbieten will. Zehntausende protestierten in Warschau gegen diese Vorhaben.
- In den USA unterhöhlen konservative Politiker seit Jahrzehnten das Recht der Frauen, selber über eine Abtreibung zu entscheiden. Dieses basiert nicht auf einem Gesetz, sondern auf einem Urteil des Verfassungsgerichtes. Zuletzt ist im US-Bundesstaat Mississippi das bisher strengste Abtreibungsverbot in Kraft getreten. Ob es dabei bleibt, ist noch ungewiss. Kurz nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist, gab ein Richter der Klage einer Klinik statt und blockierte damit das Gesetz.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine