Schwester Annemarie Müller sagt, die Ordensfrauen seien von den Ordensmännern «überrumpelt» worden. © srf

Nonnen wollen nicht wegen übergriffiger Mönche zahlen

fs /  Ordensfrauen wollen eine Studie über Missbrauch in der katholischen Kirche nicht mitfinanzieren. Sie seien vor allem Opfer.

Die Frauenorden der deutschsprachigen Schweiz und Liechtensteins sind aus dem Schweizer Dachverband der Ordensfrauen und -männer (Kovos) ausgetreten. Anlass ist die Finanzierung einer Studie der Universität Zürich zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Kovos hat sich verpflichtet, 10 Prozent der Kosten zu übernehmen. Das sind rund 150’000 Franken.

«Vielmehr Opfer als Täterinnen»
Die Ordensfrauen wollen sich nicht an diesen Kosten beteiligen, «weil sie nicht bereit sind, für etwas zu bezahlen, bei welchem sie vielmehr Opfer als Täterinnen waren». Diese Begründung steht laut «Tages-Anzeiger» im Austrittsschreiben der Ordensfrauen. In den Frauenklöstern gebe es viele Opfer, sagt Schwester Scholastica vom Kloster St. Josef in Muotathal. Man müsse eher diese Opfer als die Studie unterstützen.
Die Frauenorden begründen ihre Absage auch mit ihrer schwierigen finanziellen Situation. Die Frauenorden seien überaltert. Sie hätten deshalb steigende Pflegekosten, aber kaum noch Einkünfte. Die Frauenorden haben deutlich mehr Mitglieder als die Männerorden. Finanziell stehen die Männerorden aber besser da. Deren Mitglieder sind jünger, haben oft Theologie studiert und damit bessere Verdienstmöglichkeiten.

Ordensfrauen «überrumpelt»
Die Ordensmänner haben im März 2023 an der Kovos-Generalversammlung den Antrag für die Mitfinanzierung der Studie unterbreitet, sagte Annemarie Müller vom Kloster Ilanz «kath.ch». Sie präsidiert die Vereinigung der in der Gesellschaft aktiven Frauenklöster (Vonos). Aus «moralischen Gründen» habe Vonos letztes Jahr diesen Antrag nicht ablehnen können. Die Ordensfrauen hätten sich jedoch «überrumpelt» gefühlt durch die Art und Weise, wie die Ordensmänner das Traktandum vorbereitet und an der GV vorgebracht hätten.

Wenig übergriffige Nonnen
Man wisse, dass es auch in den Frauenorden Schwestern gab, die Übergriffe begingen, sagte Müller im «Tages-Anzeiger»: «Wir haben sicher einen Anteil an diesem Problem, aber er ist im Vergleich zu den Männern viel kleiner.» Die Ordensfrauen entschieden deshalb dieses Jahr, auf freiwilliger Basis einen einmaligen Solidaritätsbeitrag zugunsten der Studie zu leisten, sagte Müller gegenüber «kath.ch».

«Die Frauen treten selbstbewusster auf»
Peter Sury, Abt des Klosters Mariastein, zeigte im «Tages-Anzeiger» Verständnis für die Ordensfrauen. Sie hätten oft genug erlebt, dass die Männerorden ihnen etwas aufdrängten. Wegen der Missbrauchsfälle habe sich das Verhältnis zwischen Frauen- und Männerorden verändert. «Die Frauen treten selbstbewusster, kritischer und fordernder auf.»

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