Papst Franziskus bestätigt Gängelung der US-Nonnen
Der Nonnen-Dachverband «Leadership Conference of Women Religious» (LCWR), dem rund 80 Prozent aller 57’000 Nonnen in den USA angeschlossen sind, sei zu feministisch, befasse sich zu intensiv mit sozialer und wirtschaftlicher Ungerechtigkeit und vertrete zentrale Punkte der katholischen Lehre nicht engagiert genug. Er befinde sich in einer «schweren Krise der Glaubenslehre». Diese Vorwürfe hatte letztes Jahr die vatikanische Glaubenskongregation erhoben. Unter der Aufsicht von drei Bischöfen sollen die Nonnen ihre Statuten überarbeiten und ihre Positionen zu Themen wie Abtreibung, die Weihe von Frauen und die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen mit heterosexuellen Paaren klären.
Nonnen wollen Vatikan die Stirn bieten
Der Nonnen-Dachverband erklärte sich bereit zum Dialog mit Rom, doch müsse dieser gleichberechtigt auf Augenhöhe stattfinden. Falls der Vatikan die Nonnen in ihrem Auftrag einschränken wolle, werde die Dachorganisation beraten, ob sie sich von der Kirche lösen und als unabhängige Organisation weiter arbeiten wolle.
Die US-Nonnen hatten vergeblich gehofft, dass der neue Papst, der selber einem Orden angehörte, mehr Verständnis für sie aufbringt und die Gängelung aufhebt. Doch Franziskus hält an der Politik seines Vorgängers fest. Anfang Mai sagte der neue Papst laut «Publik-Forum» an einem Treffen mit den Generaloberinnen der weltweiten Frauenorden: «Es ist nicht möglich, dass eine Ordensfrau oder ein Ordensmann nicht mit der Kirche fühlt.» Das Fühlen mit der Kirche drücke sich «in der Treue zum Lehramt» aus. Übersetzt heisst dies, dass der Papst von den Nonnen Gehorsam gegenüber der Kirchenführung verlangt. Als Florence Deacon, neue Präsidentin der US-Nonnen, im Frühjahr in Rom war, erhielt sie keine Audienz beim neuen Papst.
Herbert-Haag-Preis für «standhafte Haltung»
In der Schweiz haben die US-Nonnen den renommierten «Herbert-Haag-Preis für die Freiheit in der Kirche» erhalten. Die Stiftung begründete die Verleihung unter anderem mit der «standhaften Haltung in der Auseinandersetzung mit der Glaubenskongregation um eine zeitgerechte Erneuerung der Kirche». Der Preis soll der «starken Stimme dieser Frauen auch in Europa ein Gewicht geben und jene ermuntern, die aus Resignation verstummen». Die katholische Theologin Helen Schüngel-Straumann hatte letztes Jahr kritisiert, dass Frauenrechtsaktivistinnen aus Europa zu diesem «grössten aktuellen Skandal» in der katholischen Kirche überwiegend schweigen.
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Die Reden, die an der Preisverleihung gehalten wurden, sind veröffentlicht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine