«Sei eine anständige Frau»
Die Schweizer Theologin und Journalistin Jacqueline Straub fühlt sich seit ihrem 15. Lebensjahr von Gott berufen, katholische Priesterin zu werden. In der Arte-Dokumentation «Frauen im Priesteramt – Verbotene Berufung» konfrontiert die Journalistin des katholischen Medienzentrums «kath.ch» drei Kardinäle und einen Papst mit ihrer Berufung und der Unmöglichkeit, diese in der römisch-katholischen Kirche zu leben. Die Antworten sind ausweichend, mit einer Ausnahme.
Die Frau irrt sich
Der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller antwortet: «Frauen sind nicht zum Priestertum berufen.» Priesterinnen seien keine Bedrohung für die Kirche, sondern ein Widerspruch zu ihrer Lehre. Aus theologischen Gründen könne nur ein Mann geweiht werden. Wenn eine Frau wie Straub sich von Gott berufen fühle, könne dies ein Irrtum sein. Auch in Zukunft werde es in der katholischen Kirche keine Priesterinnen geben.
Die Frau versteht die Kirche nicht
Der kanadische Kardinal Michael Czerny sagt zu Straub: «Das Gefühl Priester sein zu wollen, macht einen Menschen nicht zum Priester.» Frauen seien in der katholischen Kirche gleichberechtigt. Entscheidend sei nicht der Zugang zum Priesteramt, sondern die Taufe. Alle Mitglieder der Kirche seien gleich. Ein Priester oder Bischof sei nicht katholischer oder gleichberechtigter als nicht geweihte Menschen. Die «berechtigten» Fragen Straubs kämen von ausserhalb der Kirche. «Wir können sie nur begrenzt beantworten, weil Sie unser wahres Leben nicht verstehen. Es tut uns leid, aber wir hoffen, dass Sie das wahre Leben und die wahre Kirche schätzen lernen, in der Frauen und Männer in Würde und Teilhabe gleichberechtigt sind.» Die Priester und Bischöfe, die Straub geprüft und ihre Berufung anerkannt haben, müssten ihr helfen, ihre «wahre» Berufung zu finden und sie bestmöglich zu leben: «Ich hoffe, dass die Kirche Ihnen weiterhin hilft, Ihre Berufung als sehr gute katholische Journalistin zu leben. Das ist eine wunderbare Erfüllung Ihrer Berufung. Sie sollten die Liebe, die Unterstützung und die Wertschätzung der Kirche für das, was Sie tun, spüren. Das ist sehr, sehr wichtig. Ich kann Sie nur ermutigen, die beste katholische Journalistin zu sein, die Sie sein können.»
Das Frauenpriestertum spaltet die Kirche
Als einziger gab Kardinal Jean-Claude Hollerich aus Luxemburg keine ausweichenden Antworten. Es sei eine strukturelle Diskriminierung, dass die Kirche die Berufung eines Mannes prüfe, die Berufung einer Frau aber nicht, so Hollerich. Doch das sei europäisches Denken. Auf anderen Kontinenten könne man das nicht nachvollziehen. Die Frage des Frauenpriestertums könnte deshalb die Kirche polarisieren und letztlich spalten. Hollerich: «Wir müssen diese Diskussionen mit der ganzen Kirche führen. Sonst zerfällt die katholische Kirche.» Die mögliche Spaltung sei keine Angst, sondern eine Gefahr. «Es ist etwas anderes, vage Fronten zu haben als zwei Blöcke, die sich bekriegen.» Hollerich sagt, er könnte sich Frauen als Priesterinnen vorstellen. Die Ablehnung des Frauenpriestertums durch Papst Johannes Paul II. sei zwar für die Kirche bindend, aber nicht für alle Zeiten. Die Ablehnung sei also keine unfehlbare Lehrentscheidung und könne daher geändert werden.
Keine Antwort vom Papst
Viele Kardinäle, so Straub, hätten sich geweigert, mit ihr zu sprechen, oder gar nicht auf ihre Anfrage geantwortet. Andere sagten, sie könnten über Themen wie das Frauenpriestertum und die Diskriminierung von Frauen nicht sprechen. Auch der kürzlich verstorbene Papst Franziskus wollte sich nicht mit Straub treffen. Sie konfrontierte ihn deshalb bei einer öffentlichen Veranstaltung auf dem Petersplatz mit der Frage, wann Frauen Priesterinnen werden könnten. Auch er antwortete ausweichend: «Sei eine anständige Frau.»