Veto der Bischöfe gegen Kritikerin
Annalena Müller war Journalistin des katholischen Nachrichtenportals kath.ch. Als sich die Katholikin Anfang dieses Jahres für die freiwerdende Stelle als Chefin bewarb, legten die Bischöfe ihr Veto ein. Den Job bekam stattdessen der reformierte Journalist Christian Maurer. Die Argumente waren teilweise sexistisch, wie aus einem internen Protokoll über die Bewerbungsgespräche hervorgeht, das der Gratiszeitung «Watson» zugespielt wurde.
Kritikerin der Bischöfe am besten qualifiziert
Annalena Müller hatte letzten Herbst die Schweizer Bischöfe auf kath.ch scharf kritisiert. Nach der Veröffentlichung einer Pilotstudie zum Missbrauch in der katholischen Kirche warf sie ihnen «Verantwortungsverweigerung» vor. Felix Gmür, Bischof des Bistums Basel und Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, sei nicht mehr tragbar. Er stehe unter Vertuschungsverdacht. Und er verstehe die Perspektive der Opfer nicht. Konflikte vermeide er um jeden Preis. Müller forderte damals, Gmür sollte alle Ämter abgeben und das Bischofsamt ruhen lassen, bis diese Vorwürfe gegen ihn geklärt sind.
Nur die Frau braucht einen Vorgesetzten
Ein paar Monate später bewarb sich Müller für die freiwerdende Stelle als Chefin. Ein Assessment von einer externen, unabhängigen Stelle kam zum Schluss, dass sie für den Posten am besten qualifiziert sei. Die zuständigen Gremien luden Müller und zwei weniger qualifizierte Männer zu Bewerbungsgesprächen ein. Bei der Diskussion über Annalena Müller sei es statt um ihre Qualifikation um ihre Person gegangen, schreibt «Watson» aufgrund des internen Protokolls. Von Unerfahrenheit, Formbarkeit und zu jungem Alter sei die Rede gewesen. Ein vorgeschobenes Argument: Müller war zu diesem Zeitpunkt 40 Jahre alt. Der frühere Redaktionsleiter Raphael Rauch war 35 Jahre alt, als die Bischöfe ihn einstellten. Im Protokoll steht die Aussage eines Teilnehmers, dass Müller einen Vorgesetzten brauche, «der sie führt». Bei den beiden männlichen Bewerbern war davon nicht die Rede, obwohl diese weniger qualifiziert waren als Müller.
Reformierter Mann statt katholischer Frau
Chefredaktor wurde schliesslich der 61-jährige Christian Maurer. Im Protokoll steht als einziger negativer Punkt, dass Maurer nicht «die grossen Impulse» setzen werde. Nicht zu stören schien die katholischen Bischöfe, dass er reformiert ist. Auf Anfrage von «Watson» wollten sich die zuständigen Gremien nicht zur Frage äussern, ob der Mann den Vorzug aufgrund frauenfeindlicher Vorurteile gegen die besser qualifizierte Frau erhalten hat. Man wolle sich nicht zu vertraulichen Protokollen äussern.
Steuergelder suspendieren
Felix Gmür ist weiterhin Basler Bischof und Präsident der Schweizer Bischofskonferenz. Annalena Müller kündigte bei kath.ch. Seit kurzem leitet sie das «Pfarrblatt Bern». Ihr Fall war Anlass für einen Vorstoss, dem das Parlament des Kantons Zug im Frühling zugestimmt hat. Die Motion verlangt, dass der Kanton die Steuergelder für das Bistum Basel suspendiert. Das Veto der Bischöfe gegen die «bestens qualifizierte, jedoch kritische Journalistin» sei antidemokratisch und verletze die Pressefreiheit, heisst es darin unter anderem. Die Kantonsregierung hat ein Jahr Zeit, um die Motion zu beantworten. Über diese berichtete auch kath.ch. Allerdings heisst es im Artikel, die Missbrauchskrise und das Vertuschen der Bischöfe seien der Grund für die Kritik an der katholischen Kirche. Das Veto der Bischöfe gegen eine bestens qualifizierte Journalistin verschwieg das Portal, obwohl es in der Motion ausdrücklich auch erwähnt wird.