Beim «Spiegel» haben Frauen am meisten zu sagen
Tanit Koch tritt nach zwei Jahren als Chefredakteurin der «Bild»-Zeitung Ende Februar zurück. Sie war die erste Chefin der auflagenstärksten Zeitung Deutschlands. Als Grund für ihren Rückzug gab Koch an, dass sie mit Julian Reichelt, dem Vorsitzenden der Chefredaktionen aller Bild-Titel, «professionell nicht harmonierte». Dieser war erst vor einem Jahr ernannt und damit Koch vor die Nase gesetzt worden. Er wird nun ihr Nachfolger als Chef der «Bild».
Machtpunkte
Tanit Koch hat den Machtkampf bei «Bild» verloren. Doch insgesamt wächst der Frauenanteil in Führungspositionen von Print-Leitmedien Deutschlands. Dies geht aus der neusten Rangliste vom Januar 2018 des Vereins «Pro Quote» hervor. Dieser erhebt seit 2012 halbjährlich die Frauenanteile in den Führungspositionen von Leitmedien und gewichtet sie nach Hierarchieebene. Posten unterer Hierarchiestufen bringen weniger Machtpunkte als Posten höherer Hierarchiestufen. Vier Machtpunkte bekommt eine Chefredaktorin. Drei Machtpunkte gehen an eine stellvertretende Chefredaktorin und zwei erhält eine Ressortleiterin. Einen Machtpunkt bekommt eine stellvertretende Ressortleiterin. Aufgrund der so berechneten Macht von Frauen in führenden Medien hat «Pro Quote» ein virtuelles Kamelrennen (für Printredaktionen) und ein virtuelles Straussenrennen (für Onlineredaktionen) gestartet. Diese informieren über die Entwicklung der Frauenanteile in Führungspositionen seit Februar 2012.
«Spiegel» an der Spitze
An der Spitze der aktuellen «Pro Quote»-Rangliste steht die Redaktion des «Spiegel» mit einem «Frauenmachtanteil» von 37,5 Prozent, gefolgt von den Redaktionen der «Zeit» und der «Bild» (vor dem Abgang der Chefredakteurin). Einen gewaltigen Rückschritt gab es beim Magazin «Focus». Seit Juni 2017 ist der Anteil von Frauen in leitenden Funktionen von 23 Prozent auf 9 Prozent abgesackt. Zurzeit gibt es weder auf Chefredaktions-, Textchef- noch auf Ressortleiterebene eine Frau.
Erstmals 50-Prozent-Quote erfüllt
Der «Frauenmachtanteil» in der Online-Redaktion des «Stern» liegt bei gut 52 Prozent. Damit hat erstmals ein Medium einen Frauenanteil von 50 Prozent in Führungspositionen. Grund dafür ist laut «Pro Quote», dass seit letztem Herbst mit Anna-Beeke Gretemeier eine Frau die Reaktion von «stern.de» leitet und eine ihrer Stellvertreterinnen mit Laura-Lena Förster ebenfalls eine Frau ist. Hinter «stern.de» folgen «zeit.de» und «spiegel.de» mit Frauenanteilen in Führungspositionen von 41 und 37,5 Prozent. In den Online-Redaktionen von «bild.de» und «faz.net» stagnieren diese Frauenanteile jeweils bei nur rund 15 Prozent.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine