Zeitung bezichtigt «Frauen» der Lüge
«Wenn Frauen falsche Vorwürfe erheben» titelte kürzlich die «SonntagsZeitung» (SoZ). Der ganzseitige Artikel wirft einer Frau vor, einen Mann fälschlicherweise zu beschuldigen, den gemeinsamen Sohn missbraucht zu haben. Wegen ungenügender Beweise eröffnete die Staatsanwaltschaft kein Verfahren gegen den Vater. Dieser beschuldigt die Frau, den Vorwurf des Missbrauchs erhoben zu haben, um das alleinige Sorgerecht zu bekommen. Für ihn sei nichts mehr wie zuvor, schreibt die SoZ. Sie zitiert im Artikel ausführlich den Vater und den Forensiker Frank Urbaniok, selbständiger Gutachter und Supervisor. Die Frau hat keine Stimme.
Schwammige Vorwürfe
Urbaniok sagt, es überrasche ihn nicht, dass der Vorwurf als Waffe «missbraucht» werde. Damit übernimmt er die Argumentation des Vaters. Weiter sagt Urbaniok, er beobachte «schon seit langem», dass sich falsche Anschuldigungen zu einer «sehr scharfen Waffe» entwickelt hätten. Ein falscher Vorwurf wirke sich auf Betroffene «verheerend» aus. Betroffene Männer könnten kaum mit Mitleid oder Solidarität rechnen, weil sie das Narrativ der Frau als Opfer stören. Wenn ein Thema wie häusliche Gewalt und #Metoo prominent werde, gebe es Personen, die es missbrauchen. Ein Problem sei, dass Behörden diesen Missbrauch oft lange nicht genug ernst nehmen. Er habe «etliche Fälle» von klaren Falschanschuldigungen «gesehen», gegen die man nicht vorgegangen sei. Bei Männern wie dem zitierten Vater bleibe etwas hängen, weil man nie wisse, ob an den Vorwürfen etwas dran sein könnte.
Polizeistatistik
Im Artikel der «SonntagsZeitung» bleibt vieles vage. Klar ist der Vorwurf an «Frauen», Männer zu Unrecht eines Übergriffs zu bezichtigen. Zahlen dazu gebe es nicht, schreibt die SoZ. Die Polizeistatistik erfasse nur, wie vielen Personen man eine falsche Anschuldigung vorwerfe. Worum es dabei geht, ist nicht erfasst. 2022 wurden 371 Männer und 304 Frauen der Falschanschuldigung bezichtigt. Für die SoZ sind Frauen damit «fast gleichauf» mit Männern. Hingegen verändere sich bei den Urteilen das Geschlechterverhältnis «erheblich»: 213 Männer und nur 98 Frauen wurden verurteilt. Eine faktenbasierte Schlagzeile hätte also eigentlich lauten müssen: «Wenn Männer falsche Vorwürfe erheben».
Narrativ der lügenden Frauen
Doch eine solche Schlagzeile würde nicht dem Narrativ der lügenden Frauen entsprechen. Dieses sei für das Patriarchat systemrelevant, sagt die feministische Autorin Jessica Valenti, Mitherausgeberin des Buches «Believe Me: How Trusting Women Can Change the World». Wenn man Frauen grundsätzlich misstraue, nehme man ihre Aussagen und damit auch Kritik an patriarchalen Strukturen weniger ernst.