Premierminister stoppt geschlechtergerechte Sprache
Premierminister Edouard Philippe hat Ende letzten Jahres die Mitglieder seiner Regierung angewiesen, in öffentlichen Texten die geschlechtergerechte inklusive Schreibweise (écriture inclusive) nicht mehr zu verwenden. Philippe begründete dies damit, dass insbesondere juristische Texte klar sein und den offiziellen Regeln der Grammatik folgen müssen.
Umstrittene Empfehlungen
Bereits vor zwei Jahren hat der nationale Rat für Gleichstellung für Behörden ein Handbuch zur geschlechtergerechten Sprache in öffentlichen Texten herausgegeben. Doch erst als der grosse Schulbuchverlag Hatier im letzten Herbst erstmals ein Schulbuch veröffentlichte, das den Regeln des Rates folgte, lösten diese eine Kontroverse aus. Besonders umstritten ist der Vorschlag des Rates, weibliche Formen für Berufsbezeichnungen, Titel und Funktionen mit einem Punkt sichtbar zu machen: chef.fe, professeur.e, rédacteur.rice. Im Plural: chef.fe.s, professeur.e.s, rédacteur.rice.s.
«Grosse Gefahr für französische Sprache»
Die Gegner kritisieren, beim lauten Lesen würden solche Wörter oft abstrus klingen oder sie seien unhörbar wie bei «chef.fe.s». Die weibliche Endung «e» wird nicht ausgesprochen. Schliesslich meldete sich die «Académie Française», Wächterin über die französische Sprache, mit einer Stellungnahme zu Wort. Die inklusive Schreibweise sei für die französische Sprache eine grosse Gefahr. Sie sei unleserlich und stifte Verwirrung. Damit habe Französisch in der Welt keine Chancen mehr und sei dem Untergang gewidmet, meint das Gremium, dem 4 Frauen und 30 Männer angehören.
Widerstand gegen Neuerungen
Nicht alle denken so konservativ: Kürzlich haben über 300 Lehrkräfte aller Schulstufen erklärt, ihren Schülerinnen und Schülern nicht mehr zu lehren, dass die männliche Form in der Sprache Vorrang hat. Die grammatikalische Regel «le masculin l’emporte sur le féminin» (die männliche Form hat Vorrang vor der weiblichen Form) stamme aus einer anderen Zeit und widerspreche heutigen Werten.
Doch der Widerstand gegen sprachliche Änderungen ist in Frankreich gross, wie das Beispiel einer Sprachregel des französischen Parlamentes zeigt. Diese schreibt seit zwanzig Jahren vor, dass für weibliche Abgeordnete weibliche Bezeichnungen verwendet werden müssen. Die meisten Konservativen und die «Académie Française» lehnen diese Hausregel bis heute ab. Noch vor vier Jahren wurde ein Parlamentsabgeordneter gebüsst, weil er die Vize-Parlamentspräsidentin wiederholt als «Madame le président» statt «Madame la présidente» angesprochen hatte.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine