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Kathrin Kunkel-Razum plädiert für einen entspannten Umgang mit der Sprache. © rbb

«Sprache ist ein Abbild von Machtverhältnissen»

fs /  Die Kontroverse um geschlechtergerechte Sprache zeigt: Es geht weniger um Grammatik und mehr um Politik. Eine Fachfrau plädiert für mehr Gelassenheit.

In Deutschland hat ein Gerichtsurteil eine Debatte über das generische Maskulinum ausgelöst. Das Höchstgericht hatte im Frühjahr entschieden, dass eine Sparkasse ihre Kundinnen weiterhin als «Kunden» ansprechen darf.

«Sprachmanipulation»
Der emeritierte Linguist Peter Eisenberg verteidigte auf der Plattform «Xing Klartext» und in anderen Medien das Gerichtsurteil. Das sogenannte «generische Maskulinum» meine kein Geschlecht, sondern Personen. Der Begriff «Kunde» spreche alle Personen an, welche die Sparkasse betreut. «Kunde» sage nichts darüber aus, ob die Kundschaft männlich oder weiblich ist. Das generische Maskulinum diskriminiere niemanden. Wer eine Diskriminierung behaupte, habe keine anderen Argumente und instrumentalisiere die Sprache für politische Zwecke. Den «Gender-Damen» wirft Eisenberg vor, anderen zu verbieten, Sprache regelkonform anzuwenden. Das gehöre nicht in eine Demokratie und sei «Sprachmanipulation».

«Sprache beeinflusst unser Handeln»
Dagegen plädiert Kathrin Kunkel-Razum, Leiterin der Duden-Redaktion und Mitglied des deutschen Rechtschreibrates, auf «Xing Klartext» für eine geschlechtergerechte Sprache. «Sprache ist das Instrument, mit dem wir Bilder erzeugen. Sie beeinflusst uns und unser Handeln.» Das generische Maskulinum werde in der Gesellschaft längst nicht mehr als Ansprache von Männern und Frauen verstanden. Frauen fühlten sich oft ausgegrenzt. Den Kritikern einer geschlechtergerechten Sprache gehe es meist nicht um den Sprachgebrauch und Grammatik, sondern um die Angst vor Veränderung und um politische Ansichten. «Die Art, wie wir kommunizieren, ist ein Abbild unserer Gesellschaft und damit auch ein Abbild von Machtverhältnissen.»

Keine Sprach-Vorschriften
Sprachlich werde niemandem etwas vorgeschrieben, abgesehen von einigen Regelungen im öffentlichen Dienst: «Wir haben kein generelles Regelwerk. Jede und jeder kann darauf achten, Texte öfter zu gendern – oder auch nicht.» Gendergerechte Sprache brauche Kreativität. Es sei durchaus möglich, beide Geschlechter anzusprechen, «ohne Textungeheuer zu formulieren und unsere schöne Sprache zu verunstalten». Wichtig sei die Lust am Ausprobieren und ein unaufgeregter Umgang mit geschlechtergerechter Sprache. In Deutschland gehe man mit dem Thema geschlechtergerechte Sprache emotional und verkrampft um, schreibt Kathrin Kunkel-Razum und plädiert für mehr Gelassenheit. Als Beispiel nennt sie die deutschsprachige Schweiz, wo man seit Jahren mit weiblichen Sprachformen entspannt umgehe.


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