Das generische Maskulinum ist weit verbreitet, obwohl es einfach wäre, Frauen sprachlich sichtbar zu machen. © AStefanoitsch

Vorurteile gegen gerechte Sprache widerlegt

fs /  Mit wenig Aufwand kann man so formulieren, dass Frauen nicht hinter dem generischen Maskulinum verschwinden und Texte verständlich bleiben.

Das zeigt eine Studie des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache. Das Forschungsteam hat dafür rund 260 Texte aus Magazinen, Zeitungen und von Nachrichtenagenturen analysiert, die zwischen 2006 und 2020 veröffentlicht worden sind. Die Fachzeitschrift «Humanities & Social Sciences Communications» hat diese Studie über die deutsche Sprache auf englisch veröffentlicht. 

Nur wenige Wörter betroffen
Sie widerlegt die gängigen Vorurteile, dass gerecht formulierte Texte länger und unverständlicher werden und damit das Erlernen der Sprache erschweren. Laut der Studie müsste im Durchschnitt weniger als ein Prozent aller Wörter geändert werden, um einen Text gerecht zu formulieren. Zu diesen wenigen Worten gehören nicht nur Substantive wie «Lehrer», sondern auch Artikel, Adjektive und Pronomen.
Gerechte Texte unterscheiden sich also kaum von männlich formulierten Texten. Wenn man männliche Bezeichnungen wie Lehrer oder Forscher durch geschlechtsneutrale Begriffe wie Lehrkraft oder Forschende ersetzt, werden die Texte auch nicht länger. Dieser geringe Anteil geänderter Wörter mache das Lernen der Sprache nicht schwieriger als die Interpretation des generischen Maskulinums, schreibt das Forschungsteam.

Veränderungen im Schneckentempo
Der Widerstand gegen gerechte Sprache ist nach wie vor gross, wie eine Analyse des Magazins «Der Spiegel» (Bezahlschranke) kürzlich zeigte. Danach sind Personenbezeichnungen in Print-Medien immer noch mehrheitlich männlich. Das Rechercheteam hat «Millionen von Presseartikeln» ausgewertet, die in 19 deutschen Medien erschienen und im «Deutschen Referenzkorpus» enthalten sind. Dies ist ein Textarchiv des Leibniz-Instituts.
Die Analyse ergab, dass der Anteil der Texte mit männlichen Personenbezeichnungen seit 2010 von 89 Prozent auf 73 Prozent im Jahr 2023 gesunken ist. Etwas häufiger geworden sind Texte mit neutralen und Doppel-Formen und mit weiblichen Personenbezeichnungen. Die umstrittenen Sonderzeichen wie Sternchen, Gap oder Doppelpunkt sind äusserst selten. Ihr Anteil lag letztes Jahr bei unter einem Prozent der analysierten Texte.

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