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Sexistische Werbung (links) – nicht sexistische Alternative (rechts). © pinkstinks

Es geht auch ohne Décolleté

fs /  Werbung von kleineren Handwerksbetrieben ist oft frauenfeindlich. Werbeagenturen zeigen, dass es auch mit Humor statt Décolleté geht.

In Deutschland konnte man in den letzten zwei Jahren sexistische Werbung aus der Wirtschaft online an den Pranger stellen. Die Kampagne «Pinkstinks», Initiantin der Melde-Webseite, hat kürzlich Bilanz gezogen. Danach war jede zweite der fast 3500 gemeldeten und ausgewerteten Werbeanzeigen tatsächlich sexistisch.

Blickfang Frauenkörper
«Pinkstinks» definiert sexistische Werbung als Werbung, die den «weiblichen Körper oder Körperteile ohne Produktbezug als Blickfang» einsetzt. Konkret: Wenn ein Busen zum Beispiel für einen BH wirbt, ist das sexy, aber nicht sexistisch. Wenn der Busen hingegen für eine Balkonsanierung wirbt, ist die Werbung sexistisch.
Fast jede vierte der gemeldeten Anzeigen war stereotyp. Als stereotyp gelten Webeanzeigen, die traditionelle Rollenbilder zementieren, aber nicht sexistisch sind.

«Sex sells»
Anzeigen aus den Branchen Handwerk und Bau fielen laut «Pinkstinks» besonders häufig als sexistisch auf. Die Kampagne führt dies unter anderem darauf zurück, dass kleine und mittelständische Betriebe meist nur schmale Werbebudgets haben und sie deshalb auf «Sex sells» zählen. Wie man schnell und günstig klischee- und diskriminierungsfrei werben kann, zeigten im Frühjahr die grössten Hamburger Werbeagenturen. Innerhalb von 90 Minuten gestalteten sie eine neue Werbeidee für einige der sexistischen Werbeanzeigen, die «Pinkstinks» gemeldet worden waren.

Diskriminierungsfreie Alternativen
Zwei Beispiele:

  • Ein Betrieb für Autoteile wirbt mit einer Frau, die halbnackt mit Autoreifen posiert. Darüber steht in Grossbuchstaben «Einfach geile Teile». Die Werbeprofis machen daraus eine diskriminierungsfreie Anzeige, deren Vorbild die Werbung der Online-Partnervermittlung «Parship» ist. Der neue Slogan: «Alle 11 Minuten verliebt sich ein Auto in unsere Teile.»
  • Das Unternehmen «Fast Fencing Systems» bewirbt sein Spezialgerät, um Zaunpfosten in den Boden zu rammen, mit einer spärlich bekleideten Frau. Diese schaut lasziv in die Kamera. Über ihrem Bauch steht: «Wie rammst du ihn rein?». Diese Anzeige ist laut «Pinkstinks» extrem sexistisch und grenzt schon an sexuelle Gewalt. Die Werbeprofis übertragen die Aggression des Rammens auf die Aggression auf einer Autobahn. Der neue Slogan steht auf der Rückseite eines Lastwagens und lautet: «Überall Pfosten, die man rammen will. Genau wie aufm Bau.»

Gesetzliches Verbot
«Pinkstinks» hat nach eigenen Angaben deutlich mehr Meldungen über sexistische Werbung bekommen als der Deutsche Werberat im gleichen Zeitraum. Das Selbstkontrollorgan der Werbewirtschaft müsse bekannter und aktiver werden, meint «Pinkstinks». Die Kampagne fordert zudem die Politik auf, im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb sexistische Werbung zu verbieten.


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