Baran Saeedi, Souma Mohammadrezaei, Leila Pashaei und Sohaila Motaei (v.l.n.r.) setzen sich seit Jahren für Frauenrechte im Iran ein. © AI

Diese Frauen hätten Schlagzeilen machen sollen

fs /  Frauenrechtsaktivistinnen schaffen es nur selten in die Schlagzeilen. Deshalb hier, was 2025 Schlagzeilen machte oder hätte machen müssen.

«Frauen schweigen nicht mehr»
Anlässlich des Internationalen Frauentags im Frühjahr hat der Geheimdienst im Iran Aktivistinnen willkürlich festgenommen. Unter den Betroffen waren laut Amnesty International die Kurdinnen Baran Saeedi, Souma Mohammadrezaei, Sohaila Motaei und Leila Pashaei. Sie alle setzen sich seit Jahren für Frauenrechte im Iran ein und riskieren damit jedes Mal ihre Freiheit.

  • Baran Saeedi wurde bereits während der «Frau, Leben, Freiheit»-Proteste nach dem Tod von Masha Amini im Jahr 2022 inhaftiert. Nach zwei Monaten kam sie damals auf Kaution frei.
  • Souma Mohammadrezaei wurde vor ihrer Verhaftung mehrfach vorgeladen und bedroht, weil sie sich für die Rechte von Frauen einsetzt.
  • Sohaila Motaei war Anfang dieses Jahres kurzzeitig in Haft, weil sie gegen die Todesurteile mehrerer inhaftierter Frauen protestiert hatte. Wegen ihrer Teilnahme an den «Frau, Leben, Freiheit»-Protesten war sie zuvor zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden.
  • Leila Pashaei hatte sich während einer Veranstaltung zum Weltfrauentag gegen Kopftuchzwang, Kinderheirat, Gewalt gegen Frauen und Hinrichtungen von Frauen im Iran ausgesprochen. In ihrer Rede sagte sie: «Die Frauen im Iran werden von Behörden gefangen gehalten, die die Macht der Frauen fürchten. (…) Die Frauenbewegung hat den Punkt überschritten, an dem es noch ein Zurück gibt. (…) Frauen weltweit, insbesondere im Nahen Osten, werden nie wieder zum Schweigen gebracht werden.»

«Wir kämpfen gegen die Diskriminierung vergewaltigter Frauen»
Als 2020 in Äthiopien in der Region Tigray ein Bürgerkrieg begann, sorgte dieser international für wenig Schlagzeilen. Er dauerte zwei Jahre und forderte Hunderttausende Opfer. Mindestens 120’000 Frauen sollen von den Soldaten der Armeen Äthiopiens und Eritreas brutal vergewaltigt worden sein. Damit war fast jede zehnte Frau im Tigray betroffen. Die Dunkelziffer gilt als hoch.
Mitten im Krieg begann die Pianistin und Musiklehrerin Meseret Hadush, sich um Betroffene zu kümmern. Nach dem Krieg gründete sie die Frauenrechtsorganisation «Hiwyet (Heilung) Tigray Charity Association». Diese dokumentiert die Verbrechen, kümmert sich um die medizinische Versorgung der Frauen und leistet Starthilfen für den Wiedereinstieg in die Gesellschaft. Viele der Frauen brauchen auch psychologische Hilfe, da ihre Familien, ihre Männer und ihr soziales Umfeld sie abweisen. Angesichts der grossen Zahl Betroffener hat «Hiwyet» viel zu wenig Mittel, wie Hadush in einem sehenswerten Arte-Dokumentarfilm sagte. Darin kritisierte sie auch die Vergewaltigungen, die Tigray-Milizen an Frauen in benachbarten Regionen begangen haben.
Die Arbeit für die Vergewaltigungsopfer ist für Hadush nicht ungefährlich. Sie wird angefeindet und wurde sogar kurzzeitig eingesperrt. Man habe sie aufgefordert, ihre Arbeit einzustellen und nicht mehr über die Vergewaltigungen zu sprechen. Doch dies sei wichtig für die betroffenen Frauen, um heilen zu können. Hadush: «Wenn wir sexuell missbrauchte Frauen diskriminieren, unterstützen wir das Ziel der Täter, unsere Gesellschaft zu zerstören. Dagegen kämpfen wir.» Im Herbst ehrte die Stadt Bremen Hadush für ihren mutigen Einsatz mit dem Solidaritätspreis.

«Frauenfussball steht für Freiheit, Gleichheit, Anerkennung»
Khalida Popal spielte als Kind mit ihren Brüdern Fussball in Afghanistan. Die Faszination für diesen Sport liess sie nicht mehr los. Als die Taliban 1996 an die Macht kamen, floh ihre Familie mit der damals Neunjährigen nach Pakistan. Nach dem Fall des Taliban-Regimes im Jahr 2001 kehrte sie nach Kabul zurück. Trotz Anfeindungen und Drohungen begann Khalida, Mädchen durch Schulprojekte und mit Kampagnen für den Fussball zu begeistern. 2007 gründete sie das erste afghanische Frauenfussball-Nationalteam. Später wurde sie Finanzverantwortliche im afghanischen Fussballverband.
Für ihr Engagement zahlte Khalida Popal einen hohen Preis. Sie erhält bis heute Morddrohungen. In Afghanistan raste eines Tages ein Lastwagen gezielt in ihr Auto und Männer schossen durch das Seitenfenster. Sie konnte sich im letzten Moment retten. Schliesslich verliess sie 2011 das Land und kam über Umwege nach Dänemark.
Nach der erneuten Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 gehörte Popal zu einem Team von Funktionärinnen und Anwältinnen, die Dutzenden Fussballerinnen und ihren Familien über geheime Routen zur Flucht verhalfen. Sie habe sich schuldig gefühlt, weil sie die jungen Frauen für Fussball begeistert und damit in Lebensgefahr gebracht habe. Die geflohenen Fussballerinnen leben seither auf der ganzen Welt verstreut. Popal stellte ein Exil-Nationalteam zusammen.
Allerdings bremst sie nun der Weltfussballverband Fifa. Er erkennt ein Nationalteam nur an, wenn der nationale Verband es unterstützt. In Afghanistan wird der nationale Verband jedoch von den Taliban kontrolliert, die Fussballerinnen lieber töten, als sie anzuerkennen. Popal ruft deshalb die Fifa-Mitgliedstaaten dazu auf, die Regularien zu ändern, damit das afghanische Exil-Nationalteam offiziell spielen kann. «Frauenfussball steht nicht nur für Sport, sondern für etwas Grosses: Freiheit, Gleichheit, Anerkennung. »

«Mein Mann benutzte mich wie ein Stück Fleisch»
In Frankreich sorgte der Fall der mutigen Gisèle Pelicot auch dieses Jahr für Schlagzeilen. Einer ihrer 51 verurteilten Vergewaltiger hatte gegen seine Verurteilung Berufung eingelegt. Gisèle Pelicot musste sich deshalb erneut vor Gericht Videos ihrer Vergewaltigungen anschauen. «Stehen Sie zu Ihren Taten und hören Sie auf, sich hinter Ihrer Feigheit zu verstecken», forderte sie. Doch ihr Vergewaltiger zeigte sich weiterhin keiner Schuld bewusst. Das Gericht verschärfte das Urteil gegen den Täter. Ihr Ehemann Dominique Pelicot hatte seine Frau jahrelang betäubt, missbraucht und 90 fremden Männern zur Vergewaltigung überlassen. 
Recherchen zeigen, dass es offenbar überall Männer gibt, die bereit sind, die eigene Frau zu betäuben und zu vergewaltigen. In Deutschland hat das NDR-Investigativformat STRG­_F ein Netzwerk von Vergewaltigern aufgedeckt, die Frauen betäubten, vergewaltigten und ihre Taten filmten. Die Videos stellten sie den anderen Mitgliedern des Netzwerks zur Verfügung und veröffentlichten sie auf Pornoseiten. Eine der vielen Betroffenen war Marlene aus Niedersachsen, die den Mut fand, im Fernsehen auszusagen – im Schutz der Anonymität. 15 Jahre lang hatte ihr Mann sie immer wieder betäubt, vergewaltigt und die Videos seiner Taten veröffentlicht. Marlene: «Ich habe einen Menschen geliebt, dem ich mein Leben anvertraut habe, dem ich absolut vertraut habe und der solche furchtbaren Dinge mit mir getan hat. Er hat mich einfach benutzt wie ein Stück Fleisch.» Ihr Mann ist mittlerweile verstorben und kann nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Recherchen von STRG_F und dem TV-Magazin «Panorama» zeigten diesen Sommer, dass das Netzwerk der Vergewaltiger weiterhin aktiv ist.

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