Tennisprofi Belinda Bencic heisst neu offiziell Belinda Hromkovic. © srf

Beim Nachnamen hört die Emanzipation auf

fs /  Tennisprofi Belinda Bencic hat den Namen ihres Mannes angenommen. Das sagt viel über den Status von Frauen und Männern in der Gesellschaft aus.

Die Schweizer Tennisspielerin Belinda Bencic hat kürzlich bekannt gegeben, dass sie nach der Heirat mit ihrem Fitnesscoach Martin Hromkovic dessen Nachnamen angenommen hat. «Als Tennisspielerin trete ich aber weiterhin als Belinda Bencic auf», erklärte sie. Nach schweizerischem Namensrecht hätte sie ihren Namen behalten können.

Mehrheit der Frauen wechselt ihren Namen
Die 27-Jährige hat sich beruflich einen Namen gemacht. Zuletzt erreichte sie diesen Sommer in Wimbledon das Halbfinale. Dort unterlag sie der späteren Siegerin Iga Swiatek. Ihr Name Bencic ist deutlich bekannter als Hromkovic. Trotzdem hat sie ihn aufgegeben und befindet sich damit in illustrer Gesellschaft. Auch Lauren Sanchez hat nach ihrer schlagzeilenträchtigen Heirat mit Amazon-Gründer Jeff Bezos bekannt gegeben, dass sie nun offiziell Bezos heisst. Statistisch gesehen gehören beide zur Mehrheit der Frauen, die heiraten.

«Es geht um Macht»
Der Namenswechsel ist ein patriarchales Relikt: Frauen gingen bei der Heirat als Besitz vom Vater an den Ehemann über. Sie mussten den Namen des Ehemannes übernehmen, um das Besitzverhältnis klar zu machen. Von Männern erwartet bis heute niemand, dass sie mit der Heirat ihren Namen und damit ihre Identität aufgeben. Im Gegenteil: Die Mehrheit beharrt darauf, dass die Kinder ihren Namen tragen sollen. Männer, die den Namen der Frau oder einen Doppelnamen annehmen, sind deshalb äusserst selten. Die Mehrheit der Frauen beugt sich dem Willen des Mannes und gibt ihren Namen mit der Heirat auf. Rachael Robnett, Psychologin an der University of Nevada, kritisierte in der «New York Times», dass viele Frauen den Namenswechsel bloss als Tradition erachten. «Aber es geht um Macht.» Die Übernahme des Männernamens spiegele «den grösseren Status und die Macht der Männer in Beziehungen und in der Gesellschaft» wider.

Traditionelle Rollenbilder
Im Rahmen einer Studie hat Fleur Weibel, Soziologin und Geschlechterforscherin an der Universität Basel, Paare über ihre Namenswahl befragt. Dabei stellte sie fest, dass traditionelle Rollenbilder und der Wunsch nach Gemeinsamkeit wichtige Gründe für den Namenswechsel von Frauen sind. Da Männer ihre Namen nicht aufgeben wollen und dies auch kaum jemand von ihnen erwartet, liegt die Entscheidung über den Namen bei der Frau. Sie muss sich für oder gegen einen gemeinsamen Namen – und damit für oder gegen ihren eigenen Namen ­– entscheiden.

Doppelnamen für die Frauen
Das Schweizer Parlament will Doppelnamen nun wieder einführen, die seit 2013 nicht mehr möglich sind. Doppelnamen sollen es Frauen ermöglichen, es dem Mann und sich selber recht zu machen. Belinda Bencic könnte dann Bencic Hromkovic oder Hromkovic Bencic heissen, mit oder ohne Bindestrich. Da sich Männer nur selten für einen Doppelnamen entscheiden, wird die Wiedereinführung für sie nichts ändern. Die meisten werden weiterhin ihren Namen behalten und damit eine patriarchale Tradition fortführen.

«Weibliche Geschichtslosigkeit»
Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach schreibt in ihrem Buch «Revolution der Verbundenheit», dass Frauen mit der Übernahme des Namens ihres Ehemannes mit ihrem weiblichen Stammbaum und damit mit der Verbindung zu ihren Vorfahrinnen und Vorfahren brechen. Diese «weibliche Geschichtslosigkeit» führe dazu, dass Frauen ihr eigenes Leben als weniger wichtig und bedeutsam wahrnehmen.

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