US-Politologin Melissa Deckman hat das Wahlverhalten junger Frauen und Männer analysiert. © PRI

Gender-Gap bei Wahlen: Darum driften Junge auseinander

fs /  Die Kluft im Wahlverhalten von jungen Männern und Frauen ist grösser geworden. Der Grund sind nicht verunsicherte junge Männer, wie Schlagzeilen suggerieren.

In den USA hat es bei Jungen immer eine Geschlechterkluft gegeben, sagt die Politologin Melissa Deckman. Junge Männer seien nicht deutlich konservativer geworden. Hingegen seien junge Frauen erstmals in der Geschichte politisch aktiver als ihre männlichen Altersgenossen. Und ihre Ansichten seien liberaler als bei jungen Frauen früherer Generationen.

Historische Veränderung
In den älteren Generationen waren Männer politisch aktiver als Frauen. Mit den Millenials schloss sich diese Geschlechterkluft weitgehend. In der jüngsten Generation der Jahrgänge 1995 bis 2010, sind Frauen erstmals politisch aktiver als Männer. So haben bei den letzten US-Präsidentschaftswahlen über 52 Prozent der Frauen im Alter von 18 bis 29 Jahren ihre Stimme abgegeben. Bei den gleichaltrigen Männern waren es laut dem U.S. Census Bureau nur gut 47 Prozent. Das ist laut Deckman eine bedeutende historische Veränderung.

#MeToo und Trump politisierten junge Frauen
Die jungen Frauen seien während der #MeToo-Bewegung erwachsen geworden, schreibt die Politologin im Buch «The Politics of Gen Z». Sie erlebten, dass Donald Trump trotz seiner abschätzigen Bemerkungen über Frauen und der Prozesse wegen sexuellen Fehlverhaltens Präsident werden und bis heute an der Spitze der Republikanischen Partei bleiben konnte.
Wie schnell man ihre Rechte einschränken kann, sahen junge Frauen, als das Höchstgericht 2022 das Recht auf Schwangerschaftsabbruch auf nationaler Ebene kippte. «Für die Frauen der Generation Z ist die Gleichberechtigung der Frau zu einem entscheidenden Thema geworden, das sie interessiert und politisiert», sagte Deckman der «New York Times». Rechte wie das Recht auf Schwangerschaftsabbruch oder Lohngleichheit wollen junge Frauen verteidigen und trauen dies eher linken und grünen Parteien zu.

Frauen weniger religiös
Ein weiterer Grund für die liberalere Einstellung junger Frauen ist der besonders starke Rückgang der Religiosität bei Frauen, schreibt Deckman, die das Public Religion Research Institute in Washington leitet. Junge Frauen wählten bis Mitte des letzten Jahrhunderts konservativer als gleichaltrige Männer. Das habe sich seither deutlich geändert.

Der frauenhassende junge Mann ist ein Klischee
Nur eine Minderheit der jungen Männer ist konservativ und sieht sich als Verlierer der Gleichstellung, schreibt Deckman. Eine Mehrheit sei für die Gleichstellung der Geschlechter und das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, auch wenn sich die meisten nicht als Feministen bezeichnen wollen. Allerdings seien diese Themen für junge Männer viel weniger wichtig als wirtschaftliche Themen. Der frauenhassende junge Mann ist ein Klischee wie die männerhassende Feministin.

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