Kontroversen um Kopftuch-Verbot für Mädchen
In Deutschland fordert eine Petition der Frauenrechtsorganisation «Terre des Femmes» ein Kopftuch-Verbot für minderjährige Mädchen «im öffentlichen Raum vor allem in Ausbildungsinstitutionen». Das Kopftuch stehe für «Diskriminierung und Sexualisierung» Minderjähriger. Zu den Erstunterzeichnerinnen gehören Rechtsanwältin und Imamin Seyran Ates, Politologin und Autorin Elham Manea, Schauspielerin Sibel Kekilli, Alice Schwarzer und der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne). «Terre des Femmes» sammelt bis im Herbst Unterschriften und wird sie dann dem Bundesjustizministerium übergeben.
Kontroverse in Frauenorganisation
Ein Verbot des Kopftuches für Mädchen hat letztes Jahr zu einer Kontroverse innerhalb von «Terre des Femmes» geführt. Gegnerinnen eines Kopftuch-Verbotes sprachen von Rassismus. Wer rechtspopulistische Forderungen aufgreife, gefährde Frauenrechte, da Rechtspopulisten feministische Errungenschaften rückgängig machen wollen. Die Befürworterinnen eines Kopftuch-Verbotes erwiderten, der Rassismus-Vorwurf sei eine «nicht belegte und nicht kausal belegbare Behauptung». Damit förderten die Gegnerinnen eine islamistische Agenda und nicht die Universalität der Menschenrechte. Frauenrechte dürfe man nicht relativieren.
Kontroverse in der Politik
Ein Verbot des Kopftuches für Minderjährige spaltet auch Politikerinnen und Politiker. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen plant die schwarz-gelbe Regierung ein Kopftuch-Verbot für Kindergärten und Grundschulen. Es wäre bundesweit das erste solche Verbot. Befürworterinnen eines Kopftuch-Verbotes argumentieren, das Kopftuch schränke das Selbstbestimmungsrecht von Mädchen ein und sexualisiere sie, weil das Kopftuch Mädchen vor den Blicken von Männern schützen soll. Gegnerinnen eines Kopftuch-Verbotes wie die SPD in Nordrhein-Westfalen werfen den Befürworterinnen angesichts der geringen Anzahl Betroffener Populismus vor. Zudem schütze das Grundgesetz (Verfassung) das Recht auf freie Religionsausübung.
In Österreich will die rechtskonservative Regierung aus ÖVP und FPÖ das Kopftuch im Kindergarten und an Volksschulen verbieten. Einem Verbot in den Kindergärten müssen die Bundesländer zustimmen. Die Bundesregierung will deshalb Bundesmittel für die Kindergärten davon abhängig machen, ob ein Bundesland das Kopftuch im Kindergarten verbietet. Gegen diesen Vorschlag äusserten sich sogar ÖVP-regierte Bundesländer skeptisch. Hans Niessl (SPÖ), Landeshauptmann (Regierungschef) des Burgenlandes und Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, sagte, es gebe in Kindergärten gar keine Kinder mit Kopftuch.
In der Schweiz schlug Ende letzten Jahres eine Arbeitsgruppe der christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) in einem Positionspapier ein Kopftuchverbot an Schulen vor. Darin hiess es laut der «SonntagsZeitung»: «Kleidungsstücke, welche die Unterordnung der Frau unter den Mann symbolisieren, lehnen wir ab.» Und: «Alle Kinder müssen das Recht auf eine gleichgestellte Entwicklung erhalten, unabhängig vom Geschlecht.» Kritik am Papier gab es auch parteiintern. Die CVP hat das Papier bisher nicht veröffentlicht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine