«Ich will Mädchen zeigen, dass sie alles werden können»
Im Dezember dürfen sich erstmals Frauen für einen Sitz in einem der 284 Kommunalparlamente zur Wahl stellen. Die Zeitung «Arab News» rechnet allerdings damit, dass nur etwa 70 Frauen aus der 28-Millionen-Nation kandidieren werden. Viele Frauen wissen nichts von ihren neuen Rechten. Andere haben keinen «Vormund», der sie zum Amt für die Registrierung fährt, oder sie haben keinen eigenen Personalausweis. Hinzu kommt, dass Kandidatinnen verhöhnt und bedroht werden.
Schritt Richtung Gleichberechtigung
Zu den mutigen Kandidatinnen gehört Haifa al-Habab. Sie wolle mitgestalten, sagte die Architekturdozentin an der Prinz Sultan Universität in der Hauptstadt Riad gegenüber der «Welt». Diese Wahl sei mehr als nur ein kleiner Schritt in Richtung Gleichberechtigung. Mit ihrer Kandidatur wolle sie Vorbild für ihre Studentinnen sein: «Ich kandidiere, um ihnen ihre Möglichkeiten aufzuzeigen. Ich möchte als Beispiel dienen für diese Mädchen, um ihnen zu zeigen, dass sie in Zukunft alles werden tun können, was sie möchten.» Vor allem junge Menschen sollten vom Wahlrecht Gebrauch machen: «Verändert das System.» Ob Frauen ihr Wahlrecht wahrnehmen können, wird wesentlich von ihrem männlichen «Vormund» abhängen, der sie zur Wahlkabine begleiten muss.
Königshaus will mehr Rechte für Frauen
Die Zulassung von Frauen zur Kommunalwahl gilt als weiteres Indiz dafür, dass das Königshaus gegen den Widerstand fundamentalistischer Religionsgelehrter den Frauen mehr Rechte zugestehen will. Vor zwei Jahren hat König Abdullah erstmals 30 Frauen in den beratenden Schura-Rat berufen. 2009 war mit Nora al-Fayez erstmals eine Frau in die Regierung gekommen. In diesem Frühjahr wurde die Vize-Erziehungsministerin allerdings auf Druck konservativer Kreise entlassen, weil sie sich für den Sportunterricht an Mädchenschulen eingesetzt hatte.
Mühsamer Alltag für erwachsene Frauen
Saudiarabien ist weltweit das Land mit der strengsten Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum und am Arbeitsplatz. Zahlreiche Einschränkungen behindern das Alltagsleben von erwachsenen Frauen. Sie dürfen sich beispielsweise in der Öffentlichkeit nicht ohne Begleitung ihres Mannes oder eines männlichen Verwandten bewegen. Ohne schriftliche Zustimmung dieses «Vormundes» dürfen sie nicht reisen, arbeiten, zum Arzt gehen, ihren Pass erneuern oder ein Bankkonto eröffnen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine